Anlässlich der Bereitschaft der dänischen Regierung, den Vorschlag zur Chatkontrolle fallen zu lassen, erklären Konstantin von Notz, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Jeanne Dillschneider, Mitglied im Ausschuss für Digitales und Staatsmodernisierung von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:
„Die Absage an die Chatkontrolle ist ein wichtiger Schritt zur Sicherung der Vertraulichkeit privater Kommunikation. Stattdessen sollte sich die Kommission nun tatsächlich wirksamen Maßnahmen für einen besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen im Netz widmen.
Offenbar hat die dänische Ratspräsidentschaft auf die Mahnungen von uns Grünen sowie vielen besorgten Stimmen aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft gehört. Wir werden die Verhandlungen auch weiter kritisch begleiten und Union und SPD beim Wort nehmen: Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist kein Sicherheitsrisiko, sondern ein Sicherheitsgewinn. Wer diese Erkenntnis ernst nimmt, muss auch im Kontext verwandter Debatten, wie der um ein verantwortungsvolles Schwachstellenmanagement, Farbe bekennen.
Die grüne Bundestagsfraktion unterstützt ausdrücklich die von der Europäischen Kommission angestrebten Ziele zur Bekämpfung und der Prävention sexualisierter Gewalt an Kindern sowie zum besseren Schutz von Kindern. Eine Verbesserung in Hinsicht auf Verfolgung, Prävention und Aufklärung – insbesondere auch im Netz – ist dringend geboten.
Statt sich auf die Umsetzung konkreter Maßnahmen zu konzentrieren, die bereits auf dem Tisch liegen, beschäftigt sich der EU-Rat seit drei Jahren in endlosen Verhandlungen mit einem verfassungs- und europarechtlich fragwürdigen Bruch der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Dieser würde nicht nur Privatsphäre aushebeln und neue Schwachstellen schaffen. Es bestehen auch erhebliche Zweifel, ob er tatsächlich zu mehr Kinderschutz führen würde.
Die Bundesregierung ist in der Pflicht, in den weiteren Verhandlungen bei ihrer klaren Absage an das anlasslose Scannen privater Kommunikation zu bleiben und bei den anderen Mitgliedsstaaten für effektiven Kinderschutz bei Wahrung der Bürgerrechte zu werben. Sollte die Bundesregierung eine solch klare Linie verfolgen, hätte sie dabei unsere volle Unterstützung.“
„In einem Rechtsstaat heiligt der Zweck niemals alle Mittel“.
Zum angekündigten Vorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch im Netz äußert sich Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Dr. Stefanie Hubig:
„Ich freue mich sehr, dass wir einer überzeugenden europäischen Lösung nun einen entscheidenden Schritt nähergekommen sind. Die intensiven Gespräche mit der dänischen Ratspräsidentschaft und die enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit der Bundesregierung haben sich offenbar gelohnt. Der angekündigte Vorschlag ist eine echte Verbesserung. Er enthält wichtige Regelungen für den Kampf gegen Kinderpornographie im Netz. Vor allem werden die wichtigen, aktuell aber zeitlich begrenzten Möglichkeiten der Anbieter, sexuellen Missbrauch von Kindern freiwillig aufzudecken und zu melden, auf eine stabile und dauerhafte Grundlage gestellt. Und: Es werden keine roten Linien überschritten. Eine staatlich angeordnete Chatkontrolle ist vom Tisch. Das gemeinsame Ziel der Bundesregierung ist es, Kindesmissbrauchsdarstellungen im Netz wirksamer zu bekämpfen. Gleichzeitig ist klar: In einem Rechtsstaat heiligt der Zweck niemals alle Mittel. Elementare Bürgerrechte müssen auch im digitalen Raum gewahrt bleiben. Auch auf nationaler Ebene wird die Bundesregierung den Kampf gegen Kinderpornographie entschlossen voranbringen. Die Einführung einer verpflichtenden IP-Adressenspeicherung ist dafür unverzichtbar. Wir werden dazu bald Vorschläge vorlegen, die effektive Strafverfolgung mit dem Schutz der Grundrechte verbinden.“
Foto: Konstantin von Notz
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