Aufhebung des Haftbefehls gegen Markus H. im Prozess um die Ermordung von Walter Lübcke.

In dem Strafverfahren gegen Stephan E. und Markus H. hat der 5. Strafsenat (Staatsschutzsenat) des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) heute den Haftbefehl gegen Markus H. aufgehoben.

H. wird oder wurde sofort aus der Haft entlassen, muss sich aber weiterhin wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffengesetz verantworten, nicht jedoch, dass er – entgegen Medienberichten – Stephan E. die Mordwaffe beschafft haben soll. Dies bestätigte das OLG Frankfurt heute ausdrücklich der TP Presseagentur Berlin. Auch eine Beschwerde gegen die Freilassung bzw. Aufhebung des Haftbefehls hat keine hemmende/aufschiebene Wirkung, so dass H. in jedem Fall erst einmal heute frei kommt.

Markus H. wird vorgeworfen, dem Mitangeklagten Stephan E. Beihilfe zum Mord an dem damaligen Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke geleistet zu haben. Wegen dieses Vorwurfs war Markus H. am 26.6.2019 festgenommen worden und befand sich seitdem in Untersuchungshaft.

Der Senat begründete die Aufhebung des Haftbefehls mit dem bisherigen Ergebnis der seit dem 16.6.2020 durchgeführten Hauptverhandlung. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass Markus H. nicht mehr dringend verdächtig sei, sich der Beihilfe zum Mord schuldig gemacht zu haben. Beihilfe setze in subjektiver Hinsicht voraus, dass Markus H. eine Tötung von Lübcke durch Stephan E. zumindest für möglich gehalten habe. Dies sei nicht mehr in hohem Maße wahrscheinlich. Bislang sei der entsprechende Verdacht von den Angaben getragen gewesen, die Stephan E. und die als Zeugin vernommene ehemalige Lebensgefährtin von Markus H. im Ermittlungsverfahren gemacht hatten. Diese Beweismittel trügen den Verdacht nun nicht mehr. Der Senat habe erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben von Stephan E. Die ehemalige Lebensgefährtin von Markus H. habe ihre bisherigen Angaben bei ihrer Vernehmung durch den Senat nicht nur relativiert; die Vernehmung der Zeugin habe auch ergeben, dass erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben im Ermittlungsverfahren angezeigt seien. Die weiteren bisher in der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse ließen nicht den Schluss zu, Markus H. habe die Tat für möglich gehalten.

Der Haftbefehl sei auch nicht dahin abzuändern, dass Markus H. nunmehr der Mittäterschaft an der Tötung von Lübcke dringend verdächtig sei. Die entsprechende Einlassung des Mitangeklagten Stephan E. in der Hauptverhandlung sei nicht glaubhaft. Dies folge vor allem daraus, dass Stephan E. während des Ermittlungsverfahrens zwei verschiedene Versionen des Tatgeschehens geschildert und in der Hauptverhandlung eine weitere Variante beschrieben habe. Dabei habe er die Beteiligung von Markus H. jeweils völlig unterschiedlich geschildert. Die Aussagekonstanz fehle auch innerhalb der Einlassung in der Hauptverhandlung. So habe sich Stephan E. zum gemeinsamen Tatplan wechselhaft eingelassen, in einigen Punkten seien die Einlassungen widersprüchlich. Die Einlassung des Angeklagten E. sei überdies äußerst detailarm geblieben; dieser sei nicht dazu in der Lage gewesen, seine Schilderungen auf Nachfragen unter Beschreibung weiterer Details stimmig zu erweitern. Dies betreffe die Schilderung der Entwicklung des gemeinsamen Tatplans vom ursprünglich geplanten Einschüchterungsversuch zum vorsätzlichen Tötungsdelikt. Des Weiteren habe er auch auf mehrfache Nachfrage nicht anschaulich angeben können, wie es zu der Entscheidung gekommen sein solle, dass er und nicht Markus H. auf Lübcke schießen werde. Auffällig sei auch, dass Stephan E. stets sehr kontrolliert geantwortet habe und der Eindruck entstanden sei, er wolle nur solche Antworten geben, die für ihn günstig seien. Seine Einlassung sei darüber hinaus in mehreren Punkten unplausibel und stehe nicht mit der bisherigen Beweislage in Einklang. Hinzu komme, dass das Mobiltelefon des Angeklagten Markus H. zur Tatzeit in einem weit vom Tatort entfernten Funkmast eingeloggt gewesen sei.

Zwar sei der Angeklagte Markus H. weiterhin dringend verdächtig, an einer nicht schussfähigen Maschinenpistole ein Griffstück befestigt zu haben, für das er nicht über die erforderliche Erlaubnis verfügte. Die Straferwartung wegen des dadurch wahrscheinlich verwirklichten Waffendelikts sei jedoch so gering, dass nach einer Untersuchungshaft von einem Jahr und drei Monaten die weitere Fortdauer der Untersuchungshaft zu der im Verurteilungsfalle zu erwartenden Strafe außer Verhältnis stehe.

Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zulässig, über die der BGH zu entscheiden hätte.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 1.10.2020, Az 5 – 2 StE 1/20-5a – 3/20

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