Brexit-Verhandler einigen sich auf Austrittsabkommen: Ratspräsident Tusk beruft Sondergipfel ein.

Die Europäische Union und das Vereinigte Königreich haben sich auf Ebene ihrer Chefunterhändler auf ein Austrittsabkommen und auf wesentliche Elemente einer politischen Erklärung zu den künftigen Beziehungen geeinigt. „Dies ist ein wichtiger Moment in diesen außerordentlichen Verhandlungen“, sagte EU-Chefunterhändler Michel Barnier am Mittwochabend in Brüssel. Ratspräsident Donald Tusk kündigte heute (Donnerstag) an, dass ein Brexit-Sondergipfel am Sonntag, den 25. November die Brexit-Vereinbarung formalisieren soll – sofern bis dahin „nichts Außergewöhnliches passiert“.  Bevor das Austrittsabkommen in Kraft treten kann, muss es von der EU im Rat und im Europäischen Parlament und dem Vereinigten Königreich ratifiziert werden. „Es bleibt noch viel zu tun“, sagte Barnier.

15/11/2018

„Ich weiß, dass es noch ein langer Weg ist und schwierig sein kann, einen geordneten Austritt zu gewährleisten und darüber hinaus eine ehrgeizige und nachhaltige Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich aufzubauen“, führte Barnier am Mittwochabend weiter aus.

Das Austrittsabkommen umfasst alle Elemente des Rückzugs des Vereinigten Königreichs aus der EU: Bürgerrechte, Finanzen, eine Übergangszeit, die Überwachung des Abkommens, die Protokolle zu Irland, Gibraltar und Zypern sowie eine Reihe anderer Fragen der Trennung.

Die Verhandlungsführer der EU und des Vereinigten Königreichs haben sich darauf verständigt, wie eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland vermieden werden kann. Beide werden sich nach besten Kräften bemühen, bis zum Ende der Übergangszeit am 1. Juli 2020 ein künftiges Abkommen abzuschließen. Sollte dies nicht der Fall sein, könnten die EU und das Vereinigte Königreich gemeinsam die Übergangszeit verlängern. Alternativ würde ab Januar 2021 die Backstop-Lösung für Irland und Nordirland gelten, vorbehaltlich eines gemeinsamen Überprüfungsmechanismus.

Diese Backstop-Lösung bedeutet, dass ein gemeinsames Zollgebiet EU-Vereinigtes Königreich geschaffen wird, das vom Ende der Übergangszeit bis zum Inkrafttreten eines späteren Abkommens gilt. Nordirland bleibt daher Teil desselben Zollgebiets wie das übrige Vereinigte Königreich. Das einheitliche Zollgebiet umfasst alle Waren mit Ausnahme von Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen.

Die Schaffung des einheitlichen Zollgebiets umfasst die entsprechenden gleichen Wettbewerbsbedingungen und geeignete Durchsetzungsmechanismen, um einen fairen Wettbewerb zwischen der EU27 und dem Vereinigten Königreich zu gewährleisten.

Der am Mittwochabend ebenfalls veröffentlichte Entwurf einer politischen Erklärung dokumentiert die Fortschritte bei der Erzielung einer Gesamtvereinbarung über den Rahmen für die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Die Verhandlungsführer der EU und des Vereinigten Königreichs werden ihre Arbeit auf der Grundlage des Entwurfs fortsetzen.

Nichts ist vereinbart, bis alles vereinbart ist. Das vorliegende Austrittsabkommen – einschließlich der Übergangszeit – muss den Rahmen der künftigen Beziehungen berücksichtigen. Die politische Erklärung muss daher weiterentwickelt und in ihrer endgültigen Form vereinbart werden.

Parallel dazu wird die Europäische Kommission ihre Vorbereitungsarbeiten und Notfallpläne für alle Eventualitäten, also auch das Szenario einer Nicht-Einigung, fortsetzen.

Nächste Schritte

Die Verhandlungsführer der EU und des Vereinigten Königreichs werden ihre Arbeit an der politischen Erklärung über den Rahmen für die künftigen Beziehungen auf der Grundlage der heute veröffentlichten Leitlinien fortsetzen. Es obliegt dem Europäischen Rat (Artikel 50), das Austrittsabkommen und die gemeinsame politische Erklärung über den Rahmen der künftigen Beziehungen zu billigen.

Sobald das Austrittsabkommen vom Europäischen Rat gebilligt wurde (Artikel 50) und bevor es in Kraft treten kann, muss es von der EU und dem Vereinigten Königreich ratifiziert werden. Im Falle der EU muss der Rat der Europäischen Union die Unterzeichnung des Austrittsabkommens genehmigen, bevor er es dem Europäischen Parlament zur Zustimmung übermittelt. Das Vereinigte Königreich muss das Abkommen gemäß seinen eigenen verfassungsmäßigen Bestimmungen ratifizieren.

Weitere Informationen:

Text des Austrittsabkommens (Übersetzung folgt)

Überblick über die politische Erklärung zum Rahmen der zukünftigen Beziehungen Diesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN•••

Gemeinsamer Bericht der Verhandlungsführer

Fragen und Antworten: Was steht in dem Austrittsabkommen?  (Übersetzung folgt)

Fragen und Antworten: Protokoll zu Irland und Nordirland (Übersetzung folgt)

Stellungnahme von EU-Chefunterhändler Michel Barnier (14. November 2018)Diesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN•••

Stellungnahme von Ratspräsident Donald Tusk (15. November 2018)Diesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN•••

Stellungnahme von Guy Verhofstadt, Brexit-Verhandlungsführer des Europäischen Parlaments (14. November 2018)

Stellungnahme von Parlamentspräsident Antonio Tajani zur Brexit-Vereinbarung (15. November 2018)

VIDEO: Mitschnitte der Pressekonferenzen vom 14. NovemberDiesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN••• und vom 15. NovemberDiesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN••• bei Europe by Satellite

Website der Kommission zu den Brexit-Verhandlungen

Fotoquelle (Donald Tusk, links): By Mateusz Włodarczyk – www.wlodarczykfoto.pl – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35026764

Fotoquelle (Michel Barnier, rechts): By Foto-AG Gymnasium Melle, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=30983871

Collage: TP Presseagentur Berlin

Hoffnung auf Zustimmung zum Brexit-Abkommen nicht aufgeben.

Zur Debatte über das Brexit-Abkommen erklärt der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag Alexander Graf Lambsdorff:

„Die zwischen der EU und Großbritannien erzielte Einigung ist ein großer Schritt nach vorne. Die Regelung, dass Großbritannien im Notfall vorerst in der Zollunion bleibt, um eine harte Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland zu vermeiden, ist sinnvoll. Großbritannien und die EU dürfen nicht zulassen, dass der Brexit Frieden und Stabilität auf der irischen Insel gefährdet.

Allerdings ist völlig offen, ob es Premierministerin May gelingen wird, im britischen Unterhaus eine Mehrheit für das Abkommen zu bekommen. Ein mögliches Misstrauensvotum und die Rücktritte des Brexit-Ministers und der Arbeitsministerin zeigen erneut, wie groß die Widerstände gegen May in ihrer eigenen Partei sind. Dennoch darf die Hoffnung nicht aufgegeben werden, dass das Unterhaus schlussendlich der Einigung zustimmt. Ein ungeordneter Brexit birgt definitiv höhere Risiken für beide Seiten, besonders die britische.“

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