Chronologie der Prozesse gegen DDR-Funktionäre wegen der Schüsse an der Grenze zur BRD.

12.5.1992:
Die Staatsanwaltschaft Berlin erhebt Anklage gegen die Mitglieder des Nationalen Verteidigungsrates (NVR) der ehemaligen DDR Erich Honecker, Erich Mielke, Heinz Keßler, Fritz Streletz und Hans Albrecht wegen der Schüsse an der deutsch-deutschen Grenze.

29.7.1992:
Erich Honecker wird von Moskau nach Berlin in die JVA Moabit überstellt.

12.11.1992:
Beginn des Prozesses gegen die NVR-Mitglieder beim Landgericht Berlin.

7.1.1993
Der Vorsitzende Richter Hansgeorg Bräutigam wird wegen Besorgnis der Befangenheit aus dem Verfahren ausgeschlossen. Er hatte sich an die Anwälte Honeckers gewandt und diese um ein Autogramm des Ex-Staatsratsvorsitzenden für einen an dem Verfahren beteiligten Schöffen gebeten.

12.1.1993
Der Verfassungsgerichthof in Berlin beschließt, dass eine weitere Teilnahme des an Krebs erkrankten Erich Honecker am Verfahren gegen dessen Menschenwürde verstößt.

13.1.1993
Das Landgericht Berlin hebt den Haftbefehl gegen Erich Honecker auf und stellt das Verfahren vorläufig gegen ihn ein. Ihm wird die Ausreise nach Chile gestattet, wohin er noch am selben Tag fliegt.

16.9.1993
Heinz Kessler und Fritz Streletz werden vom Landgericht Berlin (Az.: 527 – 10/92) wegen Anstiftung zum mehrfachen Totschlag zu 7 ½ Jahren bzw. 6 ½ Jahren verurteilt, Hans Albrecht zu 4 ½ Jahren wegen Beihilfe zum Totschlag. Das Verfahren gegen Erich Mielke war zuvor abgetrennt worden. Er musste sich in einem separaten Verfahren wegen Polizistenmordes verantworten.

26.10.1993
Erich Mielke wird wegen Polizistenmordes im Jahre 1931 zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt.

26.7.1994
Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt die Urteile gegen Keßler, Streletz und Albrecht, ändert allerdings die Schuldsprüche in „mittelbare Täterschaft“ des Totschlages um. Bei Keßler und Streletz werden die Freiheitsstrafen bestätigt, bei Albrecht unter Einbeziehung einer früheren, noch nicht vollständig vollstreckten Verurteilung wegen Untreue eine erhöhte Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 1 Monat gebildet.

30.11.1994
Die Staatsanwaltschaft II beim Landgericht Berlin erhebt Anklage gegen die Politbüromitglieder Erich Mückenberger, Kurt Hager, Harry Tisch, Horst Dohlus, Egon Krenz, Günther Kleiber und Günter Schabowski wegen der Schüsse an der deutsch-deutschen Grenze.

1.8.1995
Erich Mielke wird vorzeitig aus der Haft auf Bewährung entlassen.

13.11.1995
Beginn des Verfahrens (sog.1.Politbüro-Prozess) beim Landgericht Berlin gegen die Politbüromitglieder Mückenberger u.a.. Harry Tisch war nach Anklageerhebung verstorben.

15.11.1995
Der Vorsitzende Richter im Politbüroprozess Hansgeorg Bräutigam wird wie im Honecker-Prozess wegen Besorgnis der Befangenheit ausgeschlossen. Er hatte in einem Redevortrag die DDR mit der Nazidiktatur gleichgesetzt.

30.11.1995
Der Politbüroprozess platzt wegen einer unaufschiebbaren Nierenoperation von Günther Kleiber bereits nach 4 Verhandlungstagen.

15.1.1996
Neubeginn des Politbüroprozesses.

9.5.1996
Abtrennung des Verfahrens gegen Kurt Hager wegen erheblich eingeschränkter Verhandlungsfähigkeit.

29.2.1996
Anklageerhebung gegen die Politbüromitglieder Herbert Häber, Werner Eberlein, Siegfried Lorenz und Hans-Joachim Böhme wegen der Schüsse an der deutsch-deutschen Grenze (sog. 2. Politbüro-Verfahren).

26.8.1996
Abtrennung des Verfahrens gegen Erich Mückenberger im 1. Politbüro-Verfahren wegen erheblich eingeschränkter Verhandlungsfähigkeit.

10.9.1996
Verurteilung des Chefs der Grenztruppen, Klaus-Dieter Baumgarten, wegen Totschlags zu 6 ½ Jahren Freiheitsstrafe.

24.10.1996
Das Bundesverfassungsgericht verwirft die Verfassungsbeschwerde von Heinz Keßler, Fritz Streletz und Hans Albrecht sowie eines Grenzsoldaten. Keßler und Streletz treten einige Wochen später ihre Reststrafen im Offenen Vollzug an.

12.11.1996
Gegen Baumgarten wird als Folge des Verfassungsgerichtsbeschlusses Haftbefehl erlassen und Untersuchungshaft angeordnet.

14.11.1996
Gegen Krenz, Kleiber, Dohlus und Schabowski werden ebenfalls Haftbefehle erlassen, jedoch unter Auflagen ausgesetzt.

5.6.1997
Abtrennung des Verfahrens gegen Horst Dohlus im 1. Politbüro-Prozess.

25.8.1997
Krenz, Kleiber und Schabowski werden vom Landgericht Berlin (Az.: 527 – 1/95) wegen Totschlags in mittelbarer Täterschaft zu 6 ½ bzw. jeweils 3 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Krenz wird im Gerichtssaal verhaftet und in die U-Haft nach Moabit verbracht. Gegen Kleiber und Schabowski wird der Haftbefehl aufgehoben. Bis zur Entscheidung über ihre Revisionen können sie sich wieder ohne Auflagen frei bewegen.

11.9.1997
Das Kammergericht ordnet die Freilassung von Egon Krenz an und erteilt Haftverschonung mit Auflagen.

8.11.1999
Der BGH verwirft die Revisionen von Kleiber, Krenz und Schabowski.

15.12.1999
Schabowski tritt seine Haftstrafe im Offenen Vollzug in Hakenfelde an.

11.1.2000
Das Bundesverfassungsgericht verwirft die Verfassungsbeschwerde von Egon Krenz.

13.1.2000
Egon Krenz tritt seine Haftstrafe im Offenen Vollzug in Hakenfelde an.

18.1.2000
Günther Kleiber tritt seine Haftstrafe im Offenen Vollzug in Hakenfelde an.

24.1.2000
Egon Krenz wird in die JVA Plötzensee verlegt.

11.05.2000
Beginn des Prozesses gegen Herbert Häber, Hans-Joachim Böhme und Siegfried Lorenz beim Landgericht Berlin. Das Verfahren gegen Eberlein wurde wegen Verhandlungsunfähigkeit nicht eröffnet.

7.7.2000
Häber, Böhme und Lorenz werden vom Anklagevorwurf des Totschlags durch Unterlassen freigesprochen.

30.9.2000
Kleiber und Schabowski werden aus der Haft entlassen (Begnadigung).

22.3.2002
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg verwirft die Beschwerden von Keßler, Streletz und Krenz sowie eines Grenzsoldaten wegen ihren Verurteilungen.

6.11.2002
Der BGH hebt die Freisprüche gegen Häber, Böhme und Lorenz auf.

18.12.2003
Egon Krenz wird auf Bewährung entlassen.

27.4.2004
Wiederholungsverfahren gegen Häber, das von dem gegen Böhme und Lorenz abgetrennt wurde, beginnt vor dem Landgericht Berlin.

11.5.2004
Häber wird wegen dreifacher Anstiftung zum Mord an Flüchtlingen aus der DDR verurteilt. Von einer Bestrafung wird abgesehen, weil Häber sich für eine Durchlässigkeit der Mauer eingesetzt habe. Das Urteil wird rechtskräftig, weil Häber auf Rechtsmittel verzichtet.

23.7.2004
Wiederholungsverfahren gegen Böhme und Lorenz beginnt.

6.8.2004
Böhme und Lorenz werden wegen Beihilfe zum Mord schuldig gesprochen und zu jeweils 15 Monaten, ausgesetzt auf 1 Jahr zur Bewährung, verurteilt. Das Urteil wird rechtskräftig, da beide auf Rechtsmittel verzichten. Die von der Nebenklage eingelegte Revision zog diese nach Erhalt der schriftlichen Urteilsfassung zurück.

Dietmar Jochum, TP Berlin

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*