Folter: Die lange Tradition nutzloser Quälerei.

Im beb.ra-Verlag begibt sich Robert Zogalla auf die Suche nach der Wahrheit.

Von Dietmar Jochum, TP Berlin.

Ob die Anwendung staatlicher Gewalt zur Erzwingung von Informationen oder Geständnissen jemals der Wahrheitsfindung dienen sollte, hält der Historiker und »Hexenforscher« Robert Zagolla für äußerst fraglich. In seinem jetzt erschienenen Buch »Im Namen der Wahrheit. Folter in Deutschland vom Mittelalter bis heute« weist er vor allem darauf hin, daß die Folter an Verdächtigen vollstreckt wird, die lediglich von den Ermittlungsbehörden für schuldig gehalten werden. Folterung Unschuldiger könne daher keinesfalls ausgeschlossen werden. Das Foltern, so Zagolla, sei zwar nicht in Deutschland erfunden worden, habe aber hier »eine lange Geschichte«. Die Tortur sei vor allem angewendet worden, weil vor der modernen Gerichtsbarkeit außer dem Geständnis allein die übereinstimmenden Aussagen von zwei Tatzeugen eine Leib- oder Lebensstrafe legitimieren konnten. Da aber zwei Tatzeugen nur in den seltensten Fällen aufzutreiben waren, wäre ohne die Folter nichts anderes übriggeblieben, als einen Schwerverdächtigen ungeschoren laufen zu lassen. Daher liege der Gedanke nahe, daß vor dem Verbot der Folter in der Aufklärung in fast allen Strafprozessen gefoltert wurde.

Friedrich der Große hielt die Folter für eine nutzlose Quälerei. Er gab die Anweisung, daß nicht mehr gefoltert werden dürfe – die Öffentlichkeit sollte davon aber nichts erfahren, »weil allein die Furcht, gefoltert zu werden, schon manchen Verbrecher zum Geständnis brachte«. Die Gerichte Preußens versuchten, das Folterverbot zu umgehen. Das Berliner Kammergericht verstieg sich zu der Behauptung, »daß es wohl noch keinen Fall gegeben habe, in dem jemand unter der Folter ein falsches Geständnis abgelegt hätte«. Zagolla zeigt auf, daß die Folter nach ihrer »Abschaffung« im 18. Jahrhundert keinesfalls verschwunden ist. Insbesondere in der Nazizeit hatte das Erzwingen von Geständnissen mit brutalster Gewalt Hochkonjunktur. Seit dem Fall des Frankfurter Polizeivizepräsidenten Daschner 2002, der einem noch nicht überführten Täter körperliche Schmerzen androhte, wird wieder verstärkt in die Vergangenheit geschaut. Zagolla resümiert: »Ein Rechtsstaat kann dauerhaft nur bestehen, wenn er auch in Extremsituationen an seinen Grundlagen festhält.«

Der Autor macht differenziert und eindringlich deutlich, daß die Folter nicht nur in Rechtsstaaten nichts zu suchen hat. Darin kann ihm nur beigepflichtet und sein Buch wärmstens empfohlen werden.

Robert Zagolla: Im Namen der Wahrheit. Folter in Deutschland vom Mittelalter bis heute. be.bra-Verlag, Berlin 2006, 240 Seiten, 22 Euro

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