Die 7. große Strafkammer des Landgerichts Bonn hat die Anklage der Staatsanwaltschaft Bonn vom 22.06.2023 (118 Js 58/21Ä) zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet (27 KLs 13/23). Die Temine für die Hauptverhandlung stehen noch nicht fest und werden gesondert bekanntgegeben.
Die Staatsanwaltschaft legt einem 69jährigen Angeklagten, der im Tatzeitraum als Kinder- und Jugendpsychiater und Psychotherapeut in Bonn tätig war, zur Last, zwischen 27.08.2004 und 11.11.2021 in 36 Fällen eine gefährliche Körperverletzung – Körperverletzung durch Beibringung von Gift – begangen zu haben.
Er soll laut Anklage 36 Kindern, bzw. Jugendlichen das Medikament Pipamperon (bzw. das Generikum Dipiperon) als Dauerbehandlung verordnet haben, obwohl hierfür keine Indikation im Rahmen der Zulassung des Medikaments bestanden und dies auch nicht den ärztlichen Leitlinien eines off-label-Uses entsprochen habe. Er soll es jeweils aufgrund der Diagnose „frühkindlicher Narzissmus“ verordnet haben, obwohl er zuvor weder diese noch eine möglicherweise andere vorliegende Erkrankung leitliniengerecht abgeklärt habe. Die Sorgeberechtigten habe er über die relevanten Nebenwirkungen nicht umfassend aufgeklärt, so dass sie nicht selbstbestimmt über die Medikation hätten entscheiden können. Der von dem Angeklagten den Sorgeberechtigten erklärte Wirkmechanismus des Medikaments – u.a. mache es die Kinder emotional erreichbar – sei wissenschaftlich nicht nachvollziehbar. Der dem Angeklagten bewusste sedierende Effekt des Medikaments sollte die Kinder für die von ihm vertretenen und den Erziehungspersonen empfohlenen autoritären Erziehungsmethoden gefügig machen. Es sollen bei vielen Patienten Nebenwirkungen wie erhebliche Gewichtszunahmen, Müdigkeit und Bewegungssteifigkeit aufgetreten sein.