„Komm mal kurz runter von Deiner Wolke, lieber Freund, wir brauchen dich“.

Der Autor und Kabarettist Wolfgang Schaller denkt hier bei TP Presseagentur Berlin an und über seinen Freund, den Schriftsteller, Drehbuchautor, Schauspieler und Kabarettisten  Peter Ensikat, der heute 80 Jahre alt geworden wäre.

Er war ein Glücksfall in meinem Leben. Er war 35 Jahre mein Schreibpartner, ohne den es in all den 35 Jahren der Zusammenarbeit jene Programme, die ein Stück Kabarettgeschichte geschrieben haben, nicht entstanden wären. Er  i s t  ein Glücksfall. Denn er ist gar nicht weg. Gut, er sitzt jetzt auf einer atheistischen Wolke und spielt vielleicht mit Dieter Hildebrandt und Werner Schneyder Skat. Und es ist ohne sie, die ich meine Freunde nennen durfte, ein bisschen einsamer geworden. Aber immer noch, wenn ich am Schreibtisch nach Pointen suche, denk ich: Wie hätte das Pit gesagt? Und ich würd gern wie einst zum Telefonhörer greifen und ihn anrufen. Immer dann, wenn die Resignation siegte, da war einer da, der Mut machte weitzuschreiben: Lass uns weiter den Mund aufmachen, damit auch andere den Mund aufmachen. Damit es nicht so bleibt, wie es ist. Das war in der Diktatur.  Aber ich würd auch heute diesen Satz gern als Mutmacher von ihm hören: Damit es nicht so bleibt. Diese Hoffnung auf Veränderbarkeit war und ist Triebfeder beim Schreiben. Peter Ensikats Texte waren nie laut, nie derb, immer leise, intelligent, sie haben mich oft an Tucholsky erinnert. Aber wer kennt heute noch Tucholsky. Die Welt hat Weltveränderer nie geliebt, und dass einst zu Mauerzeiten das greise Politbüro an uns vorbeizitterte und Honecker uns den Nationalpreis  an die Brust nagelte, aber uns über zwanzig Jahre später Frank-Walter Steinmeier mit dem Stern der Satire  rehabilitierte – ach, es waren komische Zeiten.

v.l.: Peter Ensikat, Frank-Walter Steinmeier, Wolfgang Schaller
v.l. (vorne): Wolfgang Schaller, Frank-Walter Steinmeier, Peter Ensikat

War es einst ein ganzer Funktionärstrupp der Partei, der den Vorhang im Kabarett nicht aufgehen ließ – heute schafft das ein Virus. Und es gäbe so viel zu sagen. Komm mal kurz runter von Deiner Wolke, lieber Freund, wir brauchen dich.

Peter Ensikat (* 27. April 1941 in Finsterwalde; † 18. März 2013 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller, Drehbuchautor, Schauspieler und Kabarettist.

Von 1999 bis 2006 war er als Nachfolger von Gisela Oechelhaeuser künstlerischer Leiter des Kabaretts Distel in Berlin. Zusammen mit Wolfgang Schaller wurde er 2009 mit einem Stern der Satire auf dem Walk of Fame des Kabaretts in Mainz geehrt. Ensikat war, trotz einer im Herbst 2012 auftretenden schweren Erkrankung, bis zu seinem Tode als Autor aktiv. 2010 erschien seine Autobiografie Meine ganzen Halbwahrheiten.

Ensikat wurde auf dem Französischen Friedhof  in der Chausseestraße in Berlin-Mitte bestattet.

Fotoquelle: TP Presseagentur Berlin

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