Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 08.04.2025 (Az. 32 O 77/22) dem Eigentümer einer bei einem Polizeieinsatz beschädigten Wohnungseingangstür Schadensersatz gegen Mieter und Wohnungsnutzer zugesprochen. Zwar hätten die Beklagten die Tür nicht selbst beschädigt. Die Beschädigung durch die Polizisten sei ihnen jedoch zuzurechnen. Denn nach dem Ergebnis einer durchgeführten Beweisaufnahme stehe für das Gericht fest, dass die Beklagten den Polizeieinsatz in Form des Aufbrechens der Wohnungseingangstür durch ihr Verhalten ausgelöst haben.
Die Klägerin, die als Bauträgerin ein großes Bauprojekt in Köln errichtet und bereits eine Vielzahl der Wohnungen an Erwerber verkauft und den Besitz übertragen hat, nimmt drei Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch. Die Erwerberin einer der Wohnungen hat diese Wohnung an den Beklagten zu 1) vermietet, der mit seinem Ehemann, dem Beklagten zu 3), die Wohnung bewohnt. Im Juni 2021 kam es zu einem Polizeieinsatz vor und in der Wohnung. Der Beklagte zu 1) hatte gegen 15:34 Uhr die Polizei aufgrund des Verhaltens seines Ehemannes, des Beklagten zu 3), in der gemeinsamen Wohnung aufgefordert zu kommen.
Die Polizeibeamten versuchten nach ihrem Eintreffen vor Ort mehrfach durch lautstarkes Klopfen und Rufen, die Mitbewohner dazu zu bewegen, die Türe zu öffnen. Sie gaben sich dabei als Polizisten zu erkennen. Letztlich brachen die Polizeibeamten die Tür auf, wodurch diese beschädigt wurde.
Die Klägerin stützt ihren Anspruch darauf, dass der Beklagte zu 1) beim Telefonat mit der Polizei angegeben habe, der Beklagte zu 3) würde „die Wohnung auseinandernehmen“. Bei Eintreffen der Polizei hätten erste Ermittlungen ergeben, dass ein gravierender Fall von häuslicher Gewalt vorgelegen hätte. Die Beklagten zu 1) und 3) hätten in der Wohnung randaliert. Schon beim Eintreten ins Erdgeschoss seien die Streitigkeiten zu hören gewesen. Offensichtlich hätten zumindest zwei Personen sich in der Wohnung angeschrien, wobei eine Person deutlich aggressiver gewesen sei. Die Streitigkeiten seien immer aggressiver bis zu einer „Raserei“ geworden. Die Polizeibeamten hätten unmittelbar vor dem Aufbrechen der Tür auch die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht. Beim Polizeieinsatz sei die Tür, insbesondere die Türzarge beschädigt worden. Die Reparatur würde 17.284,00 Euro kosten, die sie mit der Klage ersetzt verlange.
Der Beklagte zu 2) wendet gegen seine Haftung ein, dass er weder in der Wohnung lebe noch beim Vorfall zugegen gewesen sei. Die Beklagten zu 1) und zu 3) bestreiten ihre Haftung, insbesondere, dass der Beklagte zu 1) der Polizei gesagt habe, der Beklagte zu 3) würde die Wohnung „auseinandernehmen.“ Er könne sich an den genauen Wortlaut nicht mehr erinnern. Zudem stellen sie in Abrede, dass ein Haubewohner an die Beamten herangetreten sei und über einen lautstarken Streit berichtet habe. Die Beamten hätten auch kein hochaggressives Gebrüll feststellen können, sondern nur lautes, ängstliches Reden, weil die Polizei mit erhobener Waffe vor der Tür gestanden hätte. Eine Schlichtung des Streits durch die Polizei sei nicht erforderlich gewesen. Die Polizeibeamten hätten plötzlich und überraschend versucht die Türe aufzubrechen.
Der Argumentation der Beklagten zu 1) und zu 3) ist die 32. Zivilkammer des Landgerichts Köln nach durchgeführter Beweisaufnahme nicht gefolgt und hat die beantragte Schadenssumme gegen beide teilweise zugesprochen.
Zur Begründung führt die Kammer aus, dass der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 2.135,60 € gegen die Beklagten zu 1) und zu 3) zustehe, da diese jedenfalls fahrlässig das Eigentum der Klägerin widerrechtlich verletzt hätten (sogenannte Haftung aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 1 BGB). Zwar hätten die Beklagten zu 1) und zu 3) die Tür selbst nicht beschädigt, doch sei ihnen die Beschädigungshandlung der Polizei zuzurechnen.
Bei dem Dazwischentreten Dritter – hier der Polizei – sei grundsätzlich zu beachten, ob die schadensstiftende Handlung (hier die Türöffnung durch die Polizei) durch das Verhalten der Beklagten herausgefordert oder wesentlich mitbestimmt worden sei. Dies erfordere eine wertende Betrachtung. Die Grenze sei dort zu sehen, wo ein eigenständiges Verhalten eines Dritten dem Geschehen eine Wendung gebe, die die Wertung erlaube, dass die erste Handlung für die zweite Handlung von völlig untergeordneter Bedeutung sei. Von letzterem geht das Gericht ausweislich seiner weiteren Begründung dagegen nicht aus.
Die Kammer führt dazu hinsichtlich des vorliegenden Falles aus, dass sich die polizeilichen Maßnahmen ausschließlich gegen die in der Wohnung befindlichen Personen, mithin den Beklagten zu 1) und 3) gerichtet hätten. Diese seien damit als Störer anzusehen, die durch ihr Verhalten die polizeilichen Maßnahmen herausgefordert und damit zu verantworten hätten. Die von den Beamten gewählten Maßnahmen seien auch nicht rechtswidrig, was die Zurechnung unterbrechen könnte, sondern seien zur Gefahrenabwehr erforderlich und angemessen gewesen. Im Sinne einer effektiven Gefahrenabwehr sei die Polizei grundsätzlich berechtigt, zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung denjenigen in Anspruch zu nehmen, der bei verständiger Würdigung der Sachlage als Verantwortlicher für die Gefahr erscheine. Maßnahmen seien dabei auch dann nicht als rechtswidrig zu qualifizieren, wenn sich die Annahme einer Gefahr aus späterer Sicht als unrichtig erweise. Stellt sich nachträglich heraus, dass keine wirkliche Gefahr vorlag, sondern nur der Anschein einer Gefahr erweckt wurde, komme es darauf an, ob die Gefahreneinschätzung dem Urteil eines fähigen, besonnen und sachkundigen Amtswalters (hier: Polizisten) entspricht. Dies sei gerechtfertigt aus der Notwendigkeit, durch eine polizeiliche Maßnahme einen raschen Eingriff zur Verhütung von Gefahren oder zur Beseitigung bereits eingetretener Störungen zu ermöglichen.
Nach dem Ergebnis der erhobenen Beweise stehe – so das Gericht weiter – fest, dass die Beklagten zu 1) und 3) den Polizeieinsatz in Form des Aufbrechens der Tür durch ihr Verhalten ausgelöst hätten. Zunächst stehe nicht in Streit, dass der Beklagte zu 1) die Polizei aufgrund eines Streites mit dem Beklagten zu 3) angerufen und den Polizeieinsatz dem Grunde nach ausgelöst habe. Die gerichtlich vernommenen damals am Einsatzort tätigen Polizeibeamten hätten zudem übereinstimmend geschildert, dass bei ihrem Eintreffen vor Ort, namentlich dem Nähern der Wohnung innerhalb des Gebäudes, Lärm einer Auseinandersetzung zu hören gewesen sei. Dies korrespondiere mit den sogar von den Beklagten selbst vorgelegten Videoaufzeichnungen, die auch wenn diese erst Situationen nach Eintreffen der Polizeibeamten vor Ort zeigen würden, erkennen ließen, dass die Kommunikation zwischen den Beklagten zu 1) und 3) auch zu diesem Zeitpunkt nicht harmonisch verlaufen sei. Soweit der Beklagte zu 3) in seiner persönlichen Anhörung abweichend angegeben habe, dass sich die Situation bei Eintreffen der Polizeibeamten bereits beruhigt habe und er vom ohrenbetäubenden Lärm vor der Tür überrascht gewesen sei, sieht dies die Kammer nach ihrer weiteren Begründung im Wesentlichen bereits durch die beklagtenseits vorgelegten Videos widerlegt. Zudem hätten die polizeilichen Zeugen die Gewaltanwendung gegen die Tür zuvor auch angedroht, was nicht nur durch die Angaben der vernommenen Zeugen belegt werde. Denn letztlich – so begründet das Gericht weiter – könne dem bekagtenseits vorgelegten Videomaterial entnommen werden, dass beiden Beklagten bereits zu Beginn klar gewesen sei, dass die Polizeibeamten Gewalt gegen die Tür anwenden würden. Denn sie hätten die Polizeibeamten aufgefordert, dies zu unterlassen und Konsequenzen im Falle eines entsprechenden Handelns angedroht, während sie gleichzeitig rechtlichen Beistand hinzuzuziehen versuchten.
Die weitere Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Höhe des verursachten Schadens habe dagegen lediglich einen Schaden in Höhe von 2.135,60 ergeben, so dass die Klage gegen die Beklagten zu 1) und zu 3) nur in dieser Höhe zugesprochen wurde. Im Übrigen hat das Gericht die Klage – auch gegenüber dem Beklagten zu 2) – abgewiesen. Dabei stützt sich die Kammer darauf, dass der Beklagte zu 2) zum Zeitpunkt des Polizeieinsatzes kein Mieter mehr gewesen sei und sich zum Zeitpunkt des Einsatzes auch nicht in der Wohnung aufgehalten habe. Daher könne ihm der Einsatz nicht zugerechnet werden.
Das am 08.04.2025 verkündete Urteil zum Az. 32 O 77/22 ist nicht rechtskräftig und in Kürze unter www.nrwe.de im Volltext abrufbar.