Polen, Ungarn und Tschechien verstießen gegen Unionsrecht.

Durch die Weigerung, den vorübergehenden Mechanismus zur Umsiedlung von internationalen Schutz beantragenden Personen umzusetzen, haben Polen, Ungarn und die Tschechische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus dem Unionsrecht verstoßen.

Dies urteilte der Europäische Gerichtshof heute.

Diese Mitgliedstaaten können sich weder auf ihre Zuständigkeiten im Bereich der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit noch auf das angebliche Nichtfunktionieren des Umsiedlungsmechanismus berufen, um sich der Umsetzung dieses Mechanismus zu entziehen. Im Urteil Kommission/Polen, Ungarn und Tschechische Republik (Vorübergehender Mechanismus zur Umsiedlung von Personen, die internationalen Schutz beantragen) (C-715/17, C-718/17 und C-719/17) vom heutigen Tag gab der Gerichtshof den von der Kommission gegen diese drei Mitgliedstaaten erhobenen Vertragsverletzungsklagen statt, die darauf gerichtet waren, festzustellen, dass diese Mitgliedstaaten dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem Unionsrecht verstoßen haben, dass sie nicht in regelmäßigen Abständen, zumindest aber alle drei Monate, die Zahl der internationalen Schutz beantragenden Personen angegeben haben, die schnell in ihr jeweiliges Hoheitsgebiet umgesiedelt werden konnten, und infolgedessen ihre anschließenden Verpflichtungen zur Umsiedlung nicht erfüllt haben. Der Gerichtshof hat zum einen festgestellt, dass die drei betroffenen Mitgliedstaaten gegen einen Beschluss verstoßen haben, den der Rat erlassen hatte, um 120000 internationalen Schutz beantragende Personen auf verpflichtender Grundlage aus Griechenland und Italien in die anderen Mitgliedstaaten der Union umzusiedeln1. Zum anderen hat der Gerichtshof festgestellt, dass Polen und die Tschechische Republik außerdem gegen ihre Verpflichtungen aus einem vorhergehenden Beschluss verstoßen haben, den der Rat erlassen hatte, um 40000 internationalen Schutz beantragende Personen auf freiwilliger Grundlage aus Griechenland und Italien in die anderen Mitgliedstaaten der Union umzusiedeln2. Ungarn war hingegen nicht an die im letztgenannten Beschluss vorgesehenen Umsiedlungsmaßnahmen gebunden.

https://curia.europa.eu/jcms/jcms/p1_2956023/de/

EU brauche neuen Ansatz.

Zum Urteil des EuGH gegen Ungarn, Polen und Tschechien erklärte der europapolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Florian Hahn:

„Das Urteil ist keine Überraschung. Es bestätigt lediglich schwarz auf weiß, dass sich Ungarn, Polen und Tschechien während der Flüchtlingskrise unsolidarisch verhalten haben. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) muss respektiert werden.

Das Urteil allein hilft aber nicht weiter und zeigt keinen Ausweg aus der verfahrenen Situation. Jetzt kommt es vielmehr darauf an, dass die EU-Kommission in dem angekündigten neuen Migrationspakt Lösungsmöglichkeiten aufzeigt. Dabei muss der besonderen Entwicklung einiger Länder in der EU und deren spezifischen historischen Erfahrungen Rechnung getragen werden. Nur so können wir uns in der EU auf eine gemeinsame Haltung verständigen und einen neuen Ansatz finden.“

EuGH-Urteil – Endlich fairen EU-Verteilmechanismus schaffen.

Zum EuGH-Urteil zur Umverteilung von Flüchtlingen in Europa erklären Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende, und Luise Amtsberg, Sprecherin für Flüchtlingspolitik von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Der EuGH hat nun bestätigt, dass Ungarn, Tschechien und Polen rechtswidrig und zutiefst unsolidarisch gehandelt haben, als sie sich der beschlossenen Flüchtlingsverteilung verweigerten. Die europäische Flüchtlingspolitik der letzten Jahre bestand vor allem aus Blockaden einzelner Mitgliedsstaaten. Die konkreten Auswirkungen sehen wir jetzt an den katastrophalen griechischen Flüchtlingslagern. Die Überforderung der Länder an den südlichen Außengrenzen wurde zu lange einfach hingenommen. Wir müssen ein faires System zum Flüchtlingsschutz auf die Beine stellen, das die Verantwortung zwischen den Mitgliedsstaaten gerecht verteilt. Es braucht flexible Möglichkeiten dieser Verantwortung gerecht zu werden. Neben der Aufnahme von Geflüchteten kann das auch eine stärkere finanzielle Beteiligung bedeuten. Nur so können wir zu einer europäischen Flüchtlingspolitik gelangen, die menschenrechtlichen Standards entspricht.“

EuGH-Urteil ist richtig – kommt aber zu spät für Konsequenzen.

„DIE LINKE im Bundestag begrüßt das Urteil, mit dem der Europäische Gerichtshof heute das Offensichtliche festgestellt hat: Ungarn, Polen und die Tschechische Republik haben gegen EU-Recht verstoßen, als sie ihre Beteiligung an der beschlossenen Umverteilung Geflüchteter aus Italien und Griechenland verweigerten“, erklärt Andrej Hunko, stellvertretender Vorsitzender und europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Bundestag.

Hunko weiter:

„Leider bleibt das Urteil ohne praktische Folgen, da der zugrundeliegende Beschluss des Rates zur Umverteilung Schutzsuchender inzwischen aufgehoben wurde – und damit auch die Möglichkeit zur Verhängung von Zwangsgeldern nach Artikel 260, denn die Staaten können jetzt nicht mehr zur Umsetzung angehalten werden. Das Verhängen von Zwangsgeldern nach Artikel 260 wäre auch rechtsstaatlich unbedenklich – ganz im Unterschied zu den immer wieder geforderten finanziellen Sanktionen bei der Auszahlung von Kohäsionsfonds. Anstatt politisch willkürliche Sanktionen zu fordern, sollten die ordentlichen Verfahren der Verträge geachtet werden. Das gilt auch für die aktuellen Entwicklungen in Polen und Ungarn, die die demokratische Verfasstheit bedrohen.

Jetzt muss endlich ein faires und solidarisches System geschaffen werden, mit dem die Aufnahme von Asylsuchenden in der EU organisiert wird.“

https://ec.europa.eu/newsroom/dae/redirection.cfm?item_id=673393&newsletter=188&lang=de

Fotoquelle: By Kremlin.ru, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=30649511

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*