In der Plenardebatte im Europäischen Parlament über die Tagungen des Europäischen Rates und die europäische Sicherheit hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Notwendigkeit betont, durch Einheit und Stärke den Frieden in Europa zu sichern. Von der Leyen betonte: „Frieden in unserer Union ist nicht mehr selbstverständlich. Wir stehen vor einer Krise der europäischen Sicherheit. Aber wir wissen, dass in Krisenmomenten der Aufbau Europas stets vorangekommen ist.“ Sie sprach von einem neuen Konsens, dass anders gedacht und gehandelt werden muss, und beendete ihre Rede mit den Worten: „Es ist an der Zeit, eine Europäische Verteidigungsunion aufzubauen, die durch Einheit und Stärke den Frieden auf unserem Kontinent sichert. Dies ist Europas Moment.“
Europäische Sicherheitsordnung wird erschüttert
Mit dem Verweis auf das Ende des Kalten Krieges, den verbreiteten Hoffnungen auf eine Integration Russlands und auf vollen Schutz durch Amerika sagte von der Leyen: „Wir kürzten unsere Verteidigungsausgaben von durchschnittlich mehr als 3,5 Prozent auf weniger als die Hälfte davon. Wir dachten, wir könnten die Friedensdividende genießen. Aber was wir in Wirklichkeit hatten, war einfach nur ein Sicherheitsdefizit. Die Zeit der Illusionen ist vorbei.“ Europa müsse mehr Verantwortung übernehmen für seine eigene Zukunft, und zwar nicht in ferner Zukunft, sondern schon heute.
Sicherheit des ganzen Kontinents
Die Kommissionspräsidentin bekräftigte die Notwendigkeit, Lücken in der militärischen Versorgung der Ukraine zu schließen und dem Land solide Sicherheitsgarantien zu geben. Es gehe aber nicht nur um die Ukraine, sondern um die Sicherheit des ganzen Kontinents Europa. „Putin hat immer wieder gezeigt, dass er ein feindseliger Nachbar ist. Man kann ihm nicht trauen, gegen ihn hilft nur Abschreckung. Und wir wissen, dass der russische Militärkomplex mehr produziert als wir. Wenn wir die Militärausgaben real betrachten, gibt der Kreml mehr aus als ganz Europa zusammen. Die europäische Produktion befindet sich nach wie vor in einer niedrigeren Größenordnung.“
Europa muss mehr tun
Der REARM-Europe-Plan, den die Kommissionspräsidentin den Staats- und Regierungschefs in der vergangenen Woche vorgestellt hat, folgt einer einfachen Logik: „Wir wollen jeden einzelnen finanziellen Hebel nutzen, den wir haben, um unsere Verteidigungsproduktion zu stärken und zu beschleunigen.“ Bis zu 800 Milliarden Euro können über diesen Plan mobilisiert werden.
Von der Leyen ging in ihrer Rede auf drei Bestandteile von REARM-Europe ein:
- Nationale Ausweichklauseln: die Kommission schlägt vor, sie befristet, kontrolliert und koordiniert auszulösen, um die Verteidigungshaushalte schnell und effektiv umzugestalten. „Die Mitgliedstaaten könnten in den nächsten vier Jahren bis zu 650 Milliarden Euro mobilisieren, wodurch ihre Verteidigungshaushalte über einen Zeitraum von vier Jahren um 1,5 Prozent des BIP aufgestockt würden.“
- Neues Finanzinstrument SAFE (Sicherheitsmaßnahmen für Europa): Darlehen für die Mitgliedstaaten bis zu insgesamt 150 Milliarden Euro für Investitionen in ausgewählte Bereiche strategischer Fähigkeiten (von der Luftverteidigung bis hin zu Drohnen, von strategischen Grundvoraussetzungen bis hin zum Cyberraum). „Mit diesen Darlehen sollten Ankäufe bei europäischen Herstellern finanziert werden, um unsere eigene Verteidigungsindustrie anzukurbeln.“
- Kohäsionsfonds: eine weitere Option für die Mitgliedstaaten, über die Rat und Europaparlament entscheiden können. Im Kern geht es darum, einen Teil der nicht gebundenen Mittel in Verteidigungsprojekte umzuleiten. „Das kann auch Infrastruktur oder Forschung und Entwicklung sein. Es geschähe freiwillig, für diejenigen, die diese zusätzlichen Anstrengungen unternehmen wollen.“
Positive Spillover-Effekte
Von der Leyen betonte, dass all diese Pläne und Vorschläge sich auch positiv auf Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit auswirken werden. Sie sprach von neuen Fabriken, Produktionslinien und Arbeitsplätzen und einem Investitionsschub weit über den Verteidigungssektor hinaus. „Gemeinsam haben wir die Größe, jedes feindliche Land abzuschrecken. Wir haben die wirtschaftliche Macht. Und jetzt haben wir endlich auch den politischen Willen.“