Sanktionen gegen zwei russische Staatsbürger wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine.

Staatsanwaltschaft München I und Bundeskriminalamt beschlagnahmen drei Wohnungen in München.

Mit Schreiben des Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat vom 05.05.22 an das Bayerische Staatsministerium der Justiz wurde bei einer Überprüfung anhand der EU-Sanktionslisten eine Übereinstimmung mit einem russischen Staatsangehörigen im Zusammenhang mit dessen Beteiligung an einer Grundstücksgemeinschaft mit Wohnungen in München und Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung hieraus mitgeteilt. Das Schreiben wurde über die Generalstaatsanwaltschaft München am 19.05.22 an die Staatsanwaltschaft München I zur weiteren Behandlung weitergeleitet.

Die Staatsanwaltschaft München I hat in enger Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt, dem Kommissariat 31 des Polizeipräsidium München sowie dem Finanzamt München umgehend Ermittlungen wegen des Anfangsverdacht strafbarer Handlungen aufgenommen. Ab 14.06.22 erfolgte die gleichzeitige Beschlagnahme von drei Immobilien (Privatwohnungen) in München sowie des Bankkontos, auf dem die Mietzahlungen von monatlich insgesamt rund 3500 Euro eingehen.

Es handelt sich nach derzeitigem Kenntnisstand bundesweit um den ersten Fall, bei dem nicht nur Vermögenswerte aufgrund der Sanktionen „eingefroren“, sondern tatsächlich Immobilien beschlagnahmt wurden. Dies ist auf der Grundlage von §§ 111 b Abs. 1, 111 j Abs. 1 Satz 1 StPO nach Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft München I trotz des bisherigen Fehlens vergleichbarer Vorgänge und Rechtsprechung nach deutschem Recht möglich (entgegen der zum Teil in den Medien vertretenen anderen Meinungen). 

Der Beschuldigte L. ist Mitglied der Staatsduma der Föderationsversammlung der Russischen Föderation. Die Beschuldigte K. ist die Ehefrau des Beschuldigten L. mit gemeldetem Wohnsitz in München.Bereits im Zuge der Annexion der ukrainischen Krim durch Russland erließ der Rat der Europäischen Union am 17.03.14 mit EU-Verordnung Nr. 269/2014 erste restriktive Maßnahmen gegen Personen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen. Mit EU-Durchführungsverordnung 2022/261 vom 23.02.22 wurde im Zuge der neuerlichen russischen Aggressionen auch der Beschuldigte L. in die Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, gegen die restriktive Maßnahmen verhängt wurden, als sanktionierte Person aufgenommen, da er für eine Entschließung gestimmt hatte, in der Präsident Wladimir Putin dazu aufgefordert wird, die von den Separatisten beanspruchten Gebiete der Ostukraine, die selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk, als unabhängige Staaten anzuerkennen. Gemäß Artikel 2 der EU-Verordnung 269/2014 dürfen den in dortigem Anhang I aufgeführten natürlichen Personen oder mit diesen in Verbindung stehenden natürlichen oder juristischen Personen, Einrichtungen oder Organisationen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen. Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 b) Außenwirtschaftsgesetz (AWG) ist ein vorsätzliches Zuwiderhandeln gegen dieses Verfügungsverbot strafbar. 

Die Beschuldigten L. und K. sind gemeinsam Eigentümer zweier Wohnungen in München und erzielten hieraus auch nach Wirksamwerden der Sanktionierung des Beschuldigten L. weiterhin sanktionsrechtswidrig Einnahmen aus der Vermietung der Wohnungen. Im Zuge der Ermittlungen ergab sich, dass die Beschuldigte K. auch aus der Vermietung einer dritten Wohnung in München fortlaufend Mieteinnahmen erzielt. Im Hinblick auf dieses Objekt ist sie Alleineigentümerin. Als Ehefrau des namentlich auf der Sanktionsliste aufgeführten L. ist sie im vorliegenden Fall gemäß Art. 2 EU-Verordnung Nr. 269/2014 eine mit dem sanktionierten Beschuldigten in Verbindung stehende Person und mithin selbst sanktionsbefangen. 

Gegen die Beschuldigten L. und K. besteht daher der Verdacht von strafbaren Verstößen gegen das Außenwirtschaftsgesetz gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 b) AWG i.V.m. Art. 2 EU-Verordnung Nr. 269/2014 in zwei (L.) beziehungsweise drei (K.) tatmehrheitlichen Fällen.

Nach § 20 AWG unterliegen Gegenstände, auf die sich diese Straftat bezieht, der Einziehung. Zur Sicherung dieser Einziehung und zur Vermeidung etwaiger nachteiliger Verfügungen (z.B. Belastung durch Grundpfandrechte) über die zu sichernden Gegenstände, Rechte und Forderungen hat die Staatsanwaltschaft München I beim Amtsgericht München – Ermittlungsrichter – die Beschlagnahme der Wohnungen, unter anderem mit bestehenden und künftigen Nutzungsrechten, sowie die Beschlagnahme des Kontos der Beschuldigten K., auf dem die Mietzahlungen eingehen, erwirkt. Der Vollzug der ermittlungsrichterlichen Beschlüsse wurde am 14.06.22 veranlasst. Durch die entsprechenden Eintragungen im Grundbuch am 20.06.22 ist die Beschlagnahme wirksam geworden. Die Mieter dürfen weiter in den Wohnungen verbleiben. Sie dürfen jedoch aufgrund der Pfändung keine Mietzahlungen mehr an die Beschuldigten leisten, die Mieten sind vielmehr beim Amtsgericht München zu hinterlegen. 

Die Staatsanwaltschaft wurde bei der Vorbereitung der Beschlagnahme insbesondere durch die Ermittlungsgruppe „Ukraine“ des Referates SO33 beim Bundeskriminalamt (Ermittlungsreferat Wirtschaftskriminalität, SO steht für Schwere und Organisierte Kriminalität) unterstützt, die bei der Durchsetzung der Sanktionen mitwirkt. Dabei wurde insbesondere die im BKA vorhandene Expertise im Bereich komplexer Geldwäscheermittlungen genutzt, um von den Sanktionen betroffene Vermögenswerte aufzuspüren. Die Ermittlungen dauern noch an.

gez.Leiding
Oberstaatsanwältin
Pressesprecherin

Fotoquelle: TP Presseagentur Berlin

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