Werbung für Schwangerschaftsabbrüche bleibt strafbar.

Obwohl das Werbeverbot für Abtreibungen bestehen bleiben soll, hat die Bundesregierung heute Erleichterungen beschlossen. So sollen etwa Ärzte auf ihren eigenen Internetseiten informieren dürfen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen.

Die Altersgrenze für Frauen, die Anspruch auf von der Krankenkasse bezahlte Verhütungsmittel haben, soll von 20 auf 22 Jahre steigen.

Das sieht ein Referentenentwurf aus dem Justizministerium vor.

Statements dazu aus der Politik:

Nach 219a-Reformvorschlag: Das Frauenbild der Regierung bleibe skandalös.

„Was auf den ersten Blick nach einer Verbesserung aussieht, zeigt auf den zweiten Blick das skandalöse Frauenbild der Regierungskoalition: Schwangere Frauen dürfen sich weiterhin nicht frei informieren, Ärztinnen und Ärzte dürfen weiterhin nicht frei informieren“, erklärt Cornelia Möhring, stellvertretende Vorsitzende und frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, zum Referentenentwurf des Justizministeriums zum Paragraphen 219a.

Möhring weiter:

„Die Gängelung von Ärztinnen geht damit weiter. Bei keiner anderen medizinischen Leistung gibt es solche kruden Vorschriften. Der Entwurf erlaubt Medizinern lediglich die Information, dass sie Schwangerschaftsabbrüche anbieten. Jegliche weitere Information, zum Beispiel über die verschiedenen Methoden, bleibt ihnen weiterhin verwehrt und ist nur über die Verlinkung zu staatlichen Seiten möglich. Schwangerschaftsabbrüche sollen nach dem Willen der Regierung in der Schmuddelecke bleiben, tabuisiert und ausgegrenzt werden. Webseiten wie die Homepage der Ärztin Kristina Hänel würden somit weiterhin verboten bleiben.

Die Regierung will uns mit diesem Entwurf an der Nase herumführen. Das Bereitstellen von Informationen zum Schwangerschaftsabbruch über staatliche Seiten und über Listen ist jetzt schon problemlos möglich. Dafür brauchen wir keine Reform des Paragraphen 219a.

Auch scheint die Regierungskoalition noch nicht verstanden zu haben, dass ihr Festhalten am Verbot für ‚Werbung‘ für Schwangerschaftsabbrüche, um das ‚Rechtsgut des ungeborenen Leben zu schützen‘, vollkommen an der Realität vorbeigeht. Keine Frau entscheidet sich aufgrund von ‚Werbung‘ für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch. Die Regierung scheint zu denken, dass Frauen derart blöd und manipulierbar seien.

Wir brauchen keinen ‚Ausnahmetatbestand‘ – wir brauchen die Abschaffung dieses unsäglichen Paragraphen, der auch nach einer Reform den schwangeren Frauen und den Ärztinnen das Leben erschwert. Die Bundesregierung muss endlich verstehen, dass Frauen vernunftbegabte Wesen sind, die selber über ihren Körper zu entscheiden haben.“

Paragraf 219a müsse ganz abgeschafft werden.

Zum Gesetzentwurf zu Paragraf 219a StGB erklärt der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag Stephan Thomae:

„Der Referentenentwurf zum Paragraf 219a StGB führt zu keiner echten Verbesserung. Er ist vielmehr ein Misstrauensvotum der Union gegenüber den Ärzten, das die SPD mitträgt. Denn Ärzte dürften nach dieser Änderung nach wie vor nicht frei entscheiden, wie sie über Abtreibungen informieren. Der Fall der Ärztin Kristina Hänel würde unter dieser neuen Gesetzeslage wieder vor den Gerichten landen. Die FDP-Fraktion fordert eine wirkliche Verbesserung für die betroffenen Frauen und Ärzte. Dafür muss der Paragraf 219a StGB ganz abgeschafft werden.“

219a-Kompromiss: Weiterhin keine klare Lösung.

Zum Koalitions-Kompromiss beim Paragrafen 219a erklären Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik, und Katja Keul, Sprecherin für Rechtspolitik vn Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Schade: Die Bundesregierung hat sich nicht zu einer sauberen Lösung im Sinne der Frauen und Ärztinnen durchgerungen. Stattdessen haben wir hier einen komplizierten Kompromiss, der die Sache für die Frauen und die Ärztinnen und Ärzte eben nicht eindeutig klärt. Es bleibt unklar, ob weitergehende sachliche Informationen strafbar bleiben, wie sie die in erster Instanz verurteilte Ärztin Kristina Hänel auf Ihrer Homepage veröffentlicht. Klarer wäre es gewesen, den überkommenen Paragrafen endlich aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Das wäre machbar gewesen. Stattdessen bleibt das Misstrauen gegenüber den Ärztinnen bestehen. Hier sollten Union und SPD noch dringend nachbessern und für Klarheit sorgen. Wenn sie das nicht tun, haben sie die Chance vertan, Frauen in Not zu unterstützen und Ärztinnen und Ärzte in ihrer Berufsausübung zu stärken.

Ein Erfolg ist immerhin, dass das Engagement der Frauen und das geschlossene Agieren der Opposition dazu geführt hat, dass die noch in den Eckpunkten im Dezember angekündigte Studie zum post-abortion-Syndrom vom Tisch zu sein scheint.

Der Versuch, das Koalitionsgezerre zu versüßen, indem die längere Übernahme von Verhütungskosten für junge Frauen angekündigt wird, ist natürlich zu begrüßen. Der Zusammenhang zum Zugang zu Informationen über Abbrüche hat damit aber nur am Rande etwas zu tun. Schwangerschaftsabbrüche sind mitnichten eine Frage des Alters. Das ist doch ein sehr durchsichtiger Versuch, mit einer positiven Meldung vom Kern des Referentenentwurfs – der Beibehaltung des 219a – abzulenken.“

Werbung für Abtreibungen dürfe es auch in Zukunft nicht geben.

Das Gebot, dass die Schwangeren auf eine weltanschaulich plurale Beratungslandschaft zugreifen können, dürfe dabei nicht ausgehöhlt werden.

Die Bundesregierung hat sich auf einen Gesetzentwurf zur Änderung des § 219a StGB und des Schwangerschaftskonfliktgesetzes geeinigt. Dazu erklären die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und der familienpolitische Sprecher, Marcus Weinberg:

Nadine Schön: „Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt, dass sich die Bundesregierung darauf geeinigt hat, den Paragraf 219a StGB nicht zu streichen, sondern zu ergänzen – und damit das Werbeverbot zu erhalten. Unbestritten ist, dass Frauen, die ungewollt schwanger werden, umfassende und sachgerechte Information und Beratung benötigen. Wichtig ist uns als Union, dass der Arzt lediglich darüber informiert, dass er eine solche Maßnahme durchführt. Weitergehende Informationen sind den zuständigen unabhängigen Stellen vorbehalten. Das schafft Rechtssicherheit für die Ärzte und trägt dem Gedanken Rechnung, dass es sich bei einem Schwangerschaftsabbruch nicht um eine ärztliche Maßnahme wie jede andere handelt.

Die Debatte über ungewollte Schwangerschaften sollten wir dazu nutzen, auch diejenigen in den Blick zu nehmen, die ungewollt kinderlos sind. Die finanzielle Unterstützung bei der Inanspruchnahme von Kinderwunschbehandlungen aus Mitteln des Bundesfamilienministeriums fließt momentan nur, wenn sich das jeweilige Bundesland, in dem das Paar wohnt, an der Förderung ebenfalls beteiligt. Das ist ungerecht und den betroffenen Paaren nur schwer zu vermitteln. Die Zuschüsse aus der Bundesinitiative müssen deshalb in ganz Deutschland gewährleistet werden. Das wollen wir umsetzen. Ein unerfüllter Kinderwunsch stellt für viele Paare eine große Belastung dar. Wenn der Staat bei Verhütung und Abtreibungen finanziell unter die Arme greift, darf er bei der Kinderwunschbehandlung nicht knausern.“

Marcus Weinberg: „Der von der Bundesregierung verhandelte Vorschlag eines Gesetzentwurfes ist insgesamt ein gelungener Kompromiss. Klar ist, dass die Union eine Änderung der Gesetzeslage nicht für erforderlich gehalten hat. Wir verstehen aber, dass sich viele betroffene Frauen uneingeschränkt informieren möchten. Das ist mit dem Vorschlag der Bundesregierung der Fall. Gleichzeitig wird der Schutz des ungeborenen Lebens nicht angetastet.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wird in Zukunft neutrale und aktuelle Listen von Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung stellen, die Abbrüche durchführen. Außerdem können die Ärztinnen und Ärzte über die Tatsache informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen.

Die Unionsfraktion wird jetzt die Details des Regelungsvorschlags prüfen. Dazu gehört, dass das Gebot der Pluralität verschiedener Träger von Beratungsstellen nicht verletzt werden darf. Ärztinnen und Ärzte sollten nicht nur auf eine, sondern auf alle Träger von Beratungsstellen im Umkreis der Schwangeren verweisen müssen. Nur so bekommt die Frau einen neutralen Überblick über die verschiedenen Beratungsangebote und kann selbst entscheiden, bei welchem Träger sie sich Rat und Aufklärung sucht.

Zu klären ist auch, wie mit den Ärztinnen und Ärzten umgegangen werden soll, die einen Abbruch durchführen, aber ihren Namen nicht in Listen veröffentlicht sehen wollen. Diese Punkte müssen noch geklärt werden.“

Werbung für Abtreibungen bleibe strafbar.

Schutzkonzept der Beratung dürfe nicht geschwächt werden.

Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz hat seinen Referentenentwurf zum Werbeverbot für Abtreibungen vorgestellt. Dazu erklären der stellvertretende Vorsitzende für Innen und Recht, Thorsten Frei, und die rechts- und verbraucherpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker:

„Der Vorschlag der Regierung ist ein schwieriger Kompromiss. Als CDU/CSU-Bundestagsfraktion sehen wir positiv, dass Paragraf 219a StGB und damit das Werbeverbot im Grundsatz erhalten bleiben. Klar ist: Auch unter der neuen Regelung muss weiterhin als Werbung unter Strafe stehen, wenn dem Angebot der Durchführung weitergehende Informationen zum Abbruch hinzugefügt werden.

Um mehr Rechtssicherheit für die Ärzte zu erreichen, wäre es hilfreich, wenn im Gesetzestext ein konkreter Satz aufgenommen werden könnte, den die Ärzte auf ihre Homepage setzen können. Mit dieser Mitteilung, dass in der Praxis, nach vorheriger Beratung in einer anerkannten Beratungsstelle, Abtreibungen vorgenommen werden, sollte gleichzeitig auch auf eine Liste aller Beratungsstellen hingewiesen werden.

Aus unserer Sicht ist entscheidend, dass mit der Änderung die Bedeutung und Wirksamkeit der Konfliktberatung in den anerkannten Beratungsstellen nicht gemindert werden darf. Dort wird das Lebensrecht des Kindes angesprochen und dort findet die weitaus umfangreichere Beratung der Frauen statt – nicht nur zu medizinischen Fragen, sondern auch zu allen finanziellen, rechtlichen oder organisatorischen Hilfen, die ein Leben mit dem Kind ermöglichen würden. Wenn diese Beratung entwertet würde, wäre nicht ein Mehr an Informationen, sondern ein Verlust an Informationen und ein geringerer Schutz des Ungeborenen das Ergebnis der Gesetzesänderung.“

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