Statements zur Islamkonferenz aus dem Bundestag.
Zur Islamkonferenz erklärt die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag Katrin Göring-Eckardt:
„Das ist die erste Islamkonferenz in der Amtszeit von Horst Seehofer als Innenminister, der vor acht Monaten zum Amtsantritt meinte als allererstes sagen zu müssen, dass für ihn der Islam nicht zu Deutschland gehöre. Es ist zu befürchten, dass eine Menge der Debattenzeit erstmal darauf verwendet werden muss, die entstandenen atmosphärischen Störungen zu glätten.
Wir brauchen einen Neuanfang der Islamkonferenz. Dazu gehört, dass bei uns in Deutschland mehr Imame ausgebildet werden. Und es braucht endlich konkrete Vorschläge zur Anerkennung islamischer Religionsgemeinschaften. Keine Anerkennung kann es dabei für Religionsgemeinschaften geben, die fundamentale Verfassungsprinzipien unserer Gesellschaft nicht akzeptieren, weil sie zum Beispiel ihre Mitglieder bespitzeln und faktisch der verlängerte Arm des Erdogan-Regimes sind.“
Impulse müssen aus der muslimischen Gemeinschaft kommen.
Zur vierten Islamkonferenz erklärt der religionspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag Dr. Stefan Ruppert:
„Die FDP-Fraktion begrüßt grundsätzlich die Neuauflage der Islamkonferenz. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, wieso das Bundesinnenministerium über ein halbes Jahr gebraucht hat, um diese für die Integration so wichtige Veranstaltung fortzusetzen. Minister Seehofer hat zwar erklärt, dass ihm ein ‚deutscher Islam‘ besonders am Herzen liege, bei der konkreten Ausgestaltung bleibt er allerdingt äußerst vage. Diese Aussage ist jedoch insofern befremdlich, da die Bundesregierung nicht vorgeben kann, wie dieser ‚deutsche Islam‘ auszusehen hat. Einen staatlichen Rahmen setzen nur das Grundgesetz und unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Das schließt auch die verfassungsrechtlich geschützten gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte ein: Gleichberechtigung, Akzeptanz Andersdenkender, gleichgeschlechtliche Ehe und auch die freie Religionswahl. Es müssen Impulse aus der muslimischen Gemeinschaft selbst kommen, wie sich deutsche Muslime im Einklang mit dem geltenden Religionsverfassungsrecht organisieren können. Vor diesem Hintergrund ist eine breitere Aufstellung der Islamkonferenz richtig. Denn das bringt auch neue Ideen und mehr Pluralität. Dass bei einem solchen Ansatz das Parlament außen vor bleibt, halte ich allerdings für einen Fehler.“
Deutsche Islamkonferenz mit Seehofer und ohne roten Faden.
Zum heutigen Auftakt der vierten Phase der Islamkonferenz erklärt Filiz Polat, Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Obfrau im Innenausschuss:
„Die DIK braucht einen richtigen Neustart mit den richtigen Themen und klarem Kompass, hin zu einem Dialog auf Augenhöhe und der Bereitschaft, Lösungen zielorientiert und gemeinsam zu erarbeiten.
Es wird Tag für Tag deutlicher, dass der „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“-Minister Seehofer keine Vision für unsere pluralistische, multireligiöse Gesellschaft hat. Wir brauchen eine klare, ehrliche und dialogorientierte Haltung der Regierung gegenüber den muslimischen Religionsgemeinschaften. Man kann sich einen „deutschen Islam“ nicht einfach backen. Es braucht verbindliche Lösungen auf Bundesebene sowie eine selbstkritische Reflexion der letzten zwölf Jahre. Die Gleichbehandlung der Religionen ist aber kein Geschenk, sondern Auftrag unseres Grundgesetzes. Bislang gibt es zwar Fortschritte, die jedoch meistens das Resultat der Bemühungen in den Bundesländern sind.
Die Deutsche Islamkonferenz muss sich entscheiden, ob sie eine zentrale Dialogplattform zwischen Staat und den muslimischen Dachverbänden bleibt oder den Austausch zum Islam mit verschiedensten Akteuren anstrebt. Gerade auch mit den Entwicklungen im Vorfeld der DIK besteht die Gefahr, dass der Bundesinnenminister statt in einen Dialog zu treten lieber die Anwesenden in die Kategorien Gut und Böse aufteilt. Die DIK muss die Vielfalt des muslimischen Lebens in Deutschland abbilden und repräsentieren.
Es ist an der Zeit, dass die Bundesregierung und der Innenminister sich langfristig für die Anerkennung der islamischen Religionsgemeinschaften als Körperschaft(en) öffentlichen Rechts im Sinne des Grundgesetzes konkrete Vorschläge erarbeiten. Dies wäre ein großer Schritt für die gläubigen Muslime und Muslimas in Deutschland. Wir erwarten dazu einen ernsthaften und verbindlichen Dialog mit den muslimischen Verbänden im Rahmen der Deutschen Islamkonferenz.
Kommen wir bei den zentralen Fragen der Anerkennung der islamischen Religionsgemeinschaften nicht weiter, werden wir auch bei anderen zentralen Themen nur zu kurzfristigen und temporären Lösungen kommen. Wir unterstützen das Anliegen der Muslimas und Muslime in Deutschland, mittelfristig anerkannte und gleichberechtigte Religionsgemeinschaft(en) im Sinne und nach den Regeln des Grundgesetzes bilden zu können. Dafür wäre insbesondere die Ausbildung für Imame und islamische Religionsbedienstete in Deutschland ein Grundpfeiler. Es braucht eine qualifizierte, den heterogenen und komplexen Anforderungen unserer Einwanderungsgesellschaft entsprechende Gemeindearbeit. Die Ausbildung in Deutschland würde außerdem ein Schritt für von den Herkunftsländern unabhängige Religionsausübung sein. Hier muss die Bundesregierung endlich ein Konzept vorlegen statt immer nur Lippenbekenntnisse zu machen.
Klar ist: Lösungen werden sich nur im Dialog mit den muslimischen Verbänden finden lassen. Die Deutsche Islamkonferenz ist deshalb eine große Chance, die die Bundesregierung nicht verstreichen lassen sollte.“
Fotoquelle: Ali Baş