„Wölfe sollen ihre Scheu vor den Menschen nicht verlieren.“

Am 22.05.2019 hat das Bundeskabinett eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes beschlossen, die den Interessenausgleich zwischen dem Schutz des Wolfes und dem Schutz von Weidetierhaltern regeln soll. „Damit reagiert die Bundesregierung auf die berechtigten Sorgen der Weidetierhalter und schafft eine größere Rechtssicherheit in der Frage, unter welchen Bedingungen die lokalen Naturschutzbehörden Ausnahmen vom Artenschutz machen dürfen. Weitere Regelungen wie das Fütterungsverbot dienen der Prävention: Wölfe sollen ihre Scheu vor den Menschen nicht verlieren“, heißt es vonseiten des Bundesumweltministeriums.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Hier ist ein vernünftiger Interessenausgleich gelungen, der Herdenschutz und Artenschutz in Einklang bringt. Die Bundesregierung steht zum europaweit vereinbarten Schutz gefährdeter Arten. Zugleich unterstützen wir die Schäferei, die für den Naturschutz unverzichtbar ist. Es wird künftig einfacher, Herden vor wiederholten Rissen zu schützen, aber der Wolf bleibt eine streng geschützte Tierart. Der Gesetzentwurf hilft dabei, die Koexistenz von Wolf und Weidetierhaltung in Deutschland zu ermöglichen. Wir haben auf die Sorgen vor Ort reagiert. Da, wo es ein Problem gibt, lösen wir es. Und da, wo es keines gibt, gilt der Artenschutz uneingeschränkt. Wölfe ohne guten Grund abzuschießen ist und bleibt ausgeschlossen.“

Reaktionen auf den Kabinettsbeschluss:

„Gesetzentwurf zum Wolf dient einzig dem Koalitionsfrieden.“

Zum Gesetzentwurf zum Wolf erklärt der jagdpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag Karlheinz Busen:

„Der Entwurf von Bundesumweltministerin Schulze ist zu wenig und dient einzig dem Koalitionsfrieden. Den Weidetierhaltern und Menschen im ländlichen Raum ist damit nicht wirklich geholfen. Vielmehr sollen sie kurz vor den Wahlen vertröstet werden. Wir brauchen keine Attrappen im Gesetzbuch, sondern konkrete Problemlösungen. Dazu gehört nicht nur der vereinzelte Abschuss von Wölfen, sondern auch, ganze Gebiete wie Deichlandschaften frei von Wölfen zu halten. Weidetierhalter leiden auch unter der bürokratischen Beweisführung bei Wolfsrissen. Eine Beweislastumkehr beim Nachweis von Wolfsrissen ist dringend erforderlich. Die FDP-Fraktion wird einen entsprechenden lösungsorientierten Gesetzentwurf vorlegen.“

„Artenschutz und Herdenschutz zusammen denken.“

Zum heutigen Kabinettsbeschluss zum Thema Wolf erklärt Steffi Lemke, Sprecherin für Naturschutzpolitik von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Der heute vorgelegte Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Wolf gleicht einer Kapitulation der Umweltministerin Svenja Schulze. Die geplanten Änderungen bergen die Gefahr, ganze Wolfsrudel zum Abschuss freizugeben und konterkarieren die bisherigen Anstrengungen zum Ausgleich zwischen Nutztierhaltung und Artenschutz. Prävention und eine schnelle, unbürokratische Kompensation von Wolfsübergriffen auf Nutztiere waren dafür bisher der zentrale Baustein. Erfahrungen aus Wolfsländern wie Sachsen-Anhalt zeigen, die Maßnahmen wirken und sollten bundesweit umgesetzt werden.

Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung wird die Debatte zukünftig auf den Abschuss der Wölfe verschoben. Das Kernproblem der Weidetierhalter bleibt die existenzbedrohende wirtschaftliche Lage. Dieses Problem wird von der Bundesregierung weiterhin ignoriert. Wer den Schafhaltern nachhaltig helfen will, muss endlich eine bundesweite Weidetierprämie umsetzen. Anstatt auf einen verbesserten Herdenschutz und angemessene finanzielle Unterstützung zu setzen, wird der Abschuss möglichst vieler Wölfe zum Kernthema gemacht. Die Änderungen im BNatSchG werden keinen Wolfsübergriff verhindern können, senken aber durch die Hintertür auch noch den Schutz aller anderen geschützten Arten.

Die Bundesregierung sollte wenigstens mit den Ländern unbürokratische und ausreichende Präventions- und Ausgleichmaßnahmen beim Herdenschutz entwickeln und umsetzen. Dazu gehören bei der Förderung von Herdenschutzmaßnahmen nicht nur Investitions-, sondern auch Einsatzkosten. Außerdem sollte eine bundesweite Expertengruppe eingerichtet werden, die die Bewertung von Wölfen mit atypischem Verhalten fachgerecht vornehmen kann und es ermöglicht, schnell und kompetent Entscheidungen über die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Dazu gehört als letztes Instrument natürlich auch der Abschuss von Wölfen, der rechtlich längst möglich ist.“

„Präventiver Herdenschutz gehört ins Zentrum der Politik.“

„Weidetiere müssen geschützt werden, noch bevor Wölfe zuwandern und egal, wie viele Wölfe in ihrer Nachbarschaft leben. Die geplante erleichterte Wolfsjagd ist vor allem ein Ablenkungsmanöver von der unterlassenen Hilfeleistung beim Herdenschutz. Die Arbeitsverweigerung von Bundesregierung und Koalition ist angesichts der seit vielen Jahren angemahnten Defizite beim Herdenschutz und bei der Unterstützung der Weidetierhaltung unverantwortlich“, erklärt Kirsten Tackmann von der Linksfraktion im Bundestag zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Referentenentwurf zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes.

Tackmann weiter:

„Statt endlich rechtssichere und bundeseinheitliche Regelungen und eine angemessene Unterstützung der Weidetierhaltung vorzulegen, wird nun die Tür für ein großes Halali auf den Wolf geöffnet. Dabei sind nicht einmal die vor einem Jahr beschlossenen Maßnahmen umgesetzt: Es gibt weder die Beratungsstelle zum Herdenschutz noch die dringende Änderung der Tierschutz-Hundeverordnung zur erleichterten Haltung von Herdenschutzhunden.

DNA-Untersuchungen müssen bei allen Nutztierrissen verpflichtend sein. Nur so können Problemfälle exakt identifiziert und geeignete Schlussfolgerungen gezogen werden. Fütterung muss sich bei Wildtieren auf Notsituationen beschränken und verbietet sich bei Wölfen generell. Die Entnahme von Problemwölfen ist bereits erlaubt. Es bleibt die Befürchtung, dass was ‚Erleichterung für Problemfälle‘ genannt, als Freibrief zur Wolfsjagd verstanden wird.“

„Das lange Drängen hat sich gelohnt – künftig realistischer Umgang mit Wölfen.“

„Überfälliger Schritt in die richtige Richtung:“

Das Bundeskabinett hat in seiner heutigen Sitzung einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes zum Umgang mit Wölfen beschlossen. Hierzu erklären die stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Gitta Connemann und Georg Nüßlein:

Gitta Connemann: „Endlich hat sich die Bundesumweltministerin bewegt und ihre Dauerblockade aufgegeben. Ohne das beharrliche Drängen unserer Ministerin Julia Klöckner und ohne den Dauerdruck der Union wäre weiter nichts passiert. Der Gesetzentwurf ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Dieser war aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion längst überfällig. 

Endlich hält beim BMU mehr Realismus im Umgang mit Wölfen Einzug. Der Wolf ist Realität. Und sorgt für Angst bei Menschen in ländlichen Regionen. Denn diese sind zunehmend mit dem Raubtier konfrontiert. Der Gesetzentwurf ist für diese betroffene Bevölkerung ein wichtiges Signal – ebenso wie für unsere Weidetierhalter. Die Zahl verletzter und getöteter Haus- und Nutztiere ist dramatisch gestiegen. Schäfereien geben auf. Die Folgen für Heide und Deiche können dramatisch sein.

Wir hätten uns noch mehr gewünscht. Dazu war das BMU jedoch nicht bereit. Dafür werden wir uns jetzt im parlamentarischen Verfahren stark machen. Für uns hat die Sicherheit des Menschen erste Priorität. Und für uns haben Weidetiere dasselbe Recht auf Tierschutz wie Wölfe. Deshalb führt aus unserer Sicht an einer Bestandsregulierung kein Weg vorbei. Ohne Regulierung wird die Anzahl in den nächsten fünf Jahren explodieren. Wenn Bund und Länder handlungsfähig bleiben wollen, müssen SPD und Grüne sich weiter bewegen.

Europa gibt uns dazu die Möglichkeit an die Hand. Diese nutzen andere Mitgliedstaaten bereits. Deshalb fordern wir nach wie vor, Art. 16 FFH-Richtlinie eins zu eins umzusetzen. Der Europäische Gerichtshof wird bald urteilen, unter welchen Bedingungen Finnland von den strengen Schutzbedingungen der FFH-Richtlinie abweichen darf. Spätestens im Licht dieser Entscheidung muss das novellierte Bundesnaturschutzgesetz neu bewertet werden.“

Georg Nüßlein: „Das Thema Wolf eignet sich weder als ideologische noch als parteipolitische Spielwiese. Deshalb ist es gut, dass wir mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung beim Wolf einen überfälligen Schritt vorankommen. Eine rechtssichere Entnahme von Wölfen wird einfacher möglich, gerade auch zum Schutz der Menschen in den betroffenen Regionen. 

Die neuen Möglichkeiten, Wölfe auch zu schießen, werden das rasche Wachstum der Wolfsbestände in Deutschland aber nicht bremsen. An einem vorbeugenden, aktiv die Bestände regulierenden Wolfsmanagement führt deshalb kein Weg vorbei. Die Schaffung ‚wolfsfreier Zonen‘ bleibt auf der Tagesordnung. Auch auf europäischer Ebene braucht es Veränderungen: Zur Europawahl fordern CDU und CSU, die Wolfsbestände künftig realistisch – das heißt grenzüberschreitend und nicht national – zu betrachten und den strengen Schutzstatus des Wolfs zu ändern.“

„Präventiver Herdenschutz gehört ins Zentrum der Politik in Bund und Land.“

Wolfgang  Weiß,  agrarpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern kritisiert den heute in Berlin vorgelegten Referentenentwurf zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes zur Neuregelung des Umgangs mit dem Wolf:

„Weidetiere müssen geschützt werden, noch bevor Wölfe zuwandern. Weidetiere müssen geschützt werden, egal, wie viele Wölfe in ihrer Nachbarschaft leben. Die geplante erleichterte Wolfsjagd ist vor allem ein Ablenkungsmanöver von der unterlassenen Hilfeleistung der Bundesregierung beim Herdenschutz. Diese Arbeitsverweigerung ist angesichts der seit vielen Jahren angemahnten Defizite beim Herdenschutz und bei der fehlenden Unterstützung der Weidetierhaltung unverantwortlich.

Statt endlich rechtssichere und bundeseinheitliche Regelungen und eine angemessene Unterstützung der Weidetierhaltung vorzulegen, wird nun die Tür für ein großes Halali auf den Wolf geöffnet. Dabei sind nicht einmal die vor einem Jahr beschlossenen Maßnahmen umgesetzt: Es gibt weder die Beratungsstelle zum Herdenschutz noch die dringende Änderung der Tierschutz-Hundeverordnung zur erleichterten Haltung von Herdenschutzhunden.

DNA-Untersuchungen müssen bei allen Nutztierrissen verpflichtend sein, so wie es in Mecklenburg-Vorpommern gehandhabt wird. Nur so können Problemfälle exakt identifiziert und geeignete Schlussfolgerungen gezogen werden. Fütterung muss sich bei Wildtieren auf Notsituationen beschränken und verbietet sich bei Wölfen generell. Die Entnahme von Problemwölfen ist bereits heute erlaubt. Es bleibt die Befürchtung, dass was ‚Erleichterung für Problemfälle‘ genannt, als Freibrief zur Wolfsjagd verstanden wird.“

Fotoquelle: By Mas3cf – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=47155532

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