Anklage gegen Vadim K. alias Vadim S. wegen Mordes zum Nachteil des georgischen Staatsangehörigen Tornike K. erhoben.

Die Bundesanwaltschaft hat heute vor dem Staatsschutzsenat des Kammergerichts in Berlin Anklage gegen

den russischen Staatsangehörigen Vadim K. alias Vadim S.

erhoben.

Der Angeschuldigte ist des Mordes (§ 211 StGB) hinreichend verdächtig. Darüber hinaus wird ihm tateinheitlich ein Verstoß gegen das Waffengesetz (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG) zur Last gelegt.

In der Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:

Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 18. Juli 2019 erteilten staatliche Stellen der Zentralregierung der Russischen Föderation dem Angeschuldigten den Auftrag, den georgischen Staatsangehörigen tschetschenischer Abstammung Tornike K. zu liquidieren. Dieser hielt sich seit Ende 2016 als Asylbewerber in Deutschland auf. Hintergrund des Tötungsauftrags war die Gegnerschaft des späteren Opfers zum russischen Zentralstaat, zu den Regierungen seiner Autonomen Teilrepubliken Tschetschenien und Inguschetien sowie zu der pro-russischen Regierung Georgiens. So hatte Tornike K. im zweiten Tschetschenienkrieg in den Jahren 2000 bis 2004 als Anführer einer tschetschenischen Miliz gegen die Russische Föderation gekämpft. Anschließend hatte er im Jahre 2008 im Auftrag der georgischen Regierung eine Einheit von Freiwilligen zur Verteidigung Südossetiens zusammengestellt, die allerdings aufgrund der Friedensverhandlungen im georgisch-russischen Krieg nicht mehr zum Einsatz gekommen war. Zudem stuften russische Behörden Tornike K. als Terroristen ein und warfen ihm vor, Mitglied der terroristischen Vereinigung „Kaukasisches Emirat“ zu sein.

Der Angeschuldigte nahm den staatlichen Tötungsauftrag an. Entweder erhoffte er sich eine finanzielle Entlohnung oder er teilte das Motiv seiner Auftraggeber, einen politischen Gegner zu töten und hierdurch Vergeltung für die Beteiligung an früheren Konflikten mit Russland zu üben.

Zur Durchführung des erhaltenen Auftrags flog Vadim K. am 17. August 2019 zunächst von Moskau nach Paris und von dort am 20. August 2019 weiter nach Warschau. Am Morgen des 22. August 2019 verließ er sodann das von ihm bezogene Hotel in der polnischen Hauptstadt und begab sich auf nicht näher aufklärbarem Weg zur Ausführung der Tat nach Berlin, wo er frühestens am Mittag desselben Tages eintraf. Für die Einreise in den Schengen-Raum nutzte Vadim K. einen auf die Alias-Personalien Vadim S. lautenden Reisepass, der erst am 18. Juli 2019 durch die Einwanderungsbehörde (UMVD) in Bryansk (Russische Föderation) ausgestellt worden war. Unter Vorlage dieses Reisepasses und Verwendung der Alias-Personalien hatte der Angeschuldigte kurz nach der Ausstellung des Ausweisdokuments bei dem Generalkonsulat der Französischen Republik in Moskau ein Visum für den Schengen-Raum beantragt und am 30. Juli 2019 erhalten.

Den staatlichen Tötungsauftrag führte Vadim K. schließlich am Mittag des 23. August 2019 aus. In der Berliner Parkanlage „Kleiner Tiergarten“ näherte er sich Tornike K. auf einem Fahrrad von hinten. Als er das arg- und wehrlose Opfer erreicht hatte, feuerte er mit einer mitgeführten Pistole des Typs „Glock 26“, die mit einem Schalldämpfer versehen war, seitlich auf den Oberköper des Tornike K. Durch die Wirkung des eingedrungenen Projektils stürzte der Geschädigte zu Boden. Auch der Angeschuldigte kam mit dem Fahrrad zu Fall, trat aber unmittelbar darauf an den Getroffenen heran und feuerte zwei weitere Schüsse auf dessen Kopf ab. Tornike K. verstarb noch am Tatort an den Folgen der beiden Kopfschüsse.

Der Angeschuldigte wurde kurz nach der Tat in der Nähe des Tatorts vorläufig festgenommen. Er befindet sich seit dem 24. August 2019 in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Tiergarten und zuletzt aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 11. Februar 2020. Die Bundesanwaltschaft hatte das ursprünglich bei der Staatsanwaltschaft Berlin geführte Ermittlungsverfahren wegen des Mordes zum Nachteil von Tornike K. am 4. Dezember 2019 an sich gezogen.

Kreml-Mord im Tiergarten: Bundesregierung muss endlich Konsequenzen ziehen.

Zu den Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft erklärt Manuel Sarrazin, Sprecher für Osteuropapolitik von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Die Erkenntnisse der Bundesanwaltschaft sind besorgniserregend. Sie sind der neue Tiefpunkt im deutsch-russischen Verhältnis. Es ist wichtig, dass die Bundesregierung endlich ernsthafte Konsequenzen folgen lässt. Im Gegensatz zum bisherigen Vorgehen muss die Antwort nun endlich auch mit unseren europäischen Partnern, wie nach dem Mordversuch von Salisbury, koordiniert werden.

Die Bundesanwaltschaft stellt in ihrer Anklageschrift fest, dass Stellen in der russischen Regierung aus politischen Motiven einen Mord in Berlin in Auftrag gaben. So eine Regierung kann kein normaler Partner für die Regierung eines Rechtsstaats sein. Wir können nicht zulassen, dass der Kreml in Mafia-Manier Menschen in ganz Europa liquidieren lässt. Die Bundesregierung kann darauf nicht länger vor allem mit diplomatischer Zurückhaltung reagieren.“

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