Nachhaltige finanzwirtschaftliche Strategie für den Bundeshaushalt notwendig.

Konsolidieren – Investieren – Schulden abbauen.
„Die günstigen Rahmenbedingungen für den Bundeshaushalt erzeugen Scheinsicherheit“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes Kay Scheller anlässlich der Vorstellung der Bemerkungen 2018 am 13. November 2018 in Berlin. „Der Bundeshaushalt gerät immer stärker unter Druck. Eine expansive Ausgabenpolitik und ausbleibende Konsolidierung nehmen dem Haushalt die Luft zum Atmen. Dabei brauchen die Bundesfinanzen Raum, damit die Politik auf die anstehenden Herausforderungen reagieren kann, ohne in die Verschuldung abzugleiten. Notwendig ist eine nachhaltige Finanzpolitik: Sie sollte Schwerpunkte auf zukunftsbezogene Ausgaben legen, Subventionen und Vergünstigungen auf den Prüfstand stellen, Kernbereiche im Haushalt finanziell auf Dauer absichern und das gute wirtschaftliche Umfeld nutzen, um echte Haushaltsspielräume zu schaffen. Dazu gehört auch der Einstieg in den Schuldenabbau, denn das niedrige Zinsniveau wird nicht ewig so bleiben.“

Mit dem Haushalt 2019 plant die Bundesregierung zum fünften Mal in Folge eine „Schwarze Null“: einen Haushalt, der ohne Nettokreditaufnahme in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen ist. Dieses Ziel soll aber ohne Konsolidierungsschritte erreicht werden. Stattdessen sind zusätzliche Ausgaben und steuerliche Entlastungen vorgesehen: Vor allem mit weiteren Leistungsverbesserungen bei der Rente und der Festschreibung einer doppelten Haltelinie sowie zur Unterstützung originärer Länderaufgaben insbesondere im Bereich von Kitas, der schulischen Bildung und der sozialen Wohnraumförderung. Zudem sind bereits im Haushalt 2018 weitere teure Vergünstigungen eingeführt worden, wie das Baukindergeld.

Eine umfassende kritische Bestandsaufnahme des Bundeshaushalts findet nicht statt. Sie wäre gerade in Zeiten gesamtwirtschaftlich günstiger Rahmenbedingungen geboten. „Konsolidierung ist kein Selbstzweck. Sie trägt dazu bei, dass die Politik auch in Zukunft auf Basis nachhaltiger Finanzen handlungsfähig bleibt“, so Scheller. „Staatliches Handeln soll nicht auf Kosten anderer öffentlicher Güter oder zulasten künftiger Generationen gehen. Dies erfordert einen tragfähigen Haushalt, und eine Politik, die Überkommenes abstellt, zukunftsgerichtet investiert und den Abbau von Altschulden nicht aus dem Blick verliert.“

Die Herausforderungen für den Bundeshaushalt bleiben hoch:

  •  der demografische Wandel: dieser befindet sich zwar noch im „Pausenmodus“; schon jetzt steigen die Kosten deutlich; die Leistungen des Bundes an die Rentenversicherung sollen von 98,1 Mrd. Euro in 2019 (27,5 %) auf 110 Mrd. Euro in 2022 (29,3 %) steigen – ohne Berücksichtigung der nun beschlossenen zusätzlichen Leistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (Mütterrente II, „Doppelte Haltelinie“);
  •  der Erhalt und die Modernisierung der Infrastruktur: trotz vorgesehener Stärkung der Investitionen verharrt die Investitionsquote bei 10 %;
  •  die wachsenden Hilfen für Länder und Gemeinden belasten den Bund erheblich; im laufenden Jahr 2018 entlastet der Bund die Länder und Kommunen mit 80,5 Mrd. Euro; in 2020 kommen durch die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen jährlich weitere 10 Mrd. Euro hinzu; die Finanzierung von Kernaufgaben der Länder und Gemeinden wird ohne Rücksicht auf die föderale Kompetenzverteilung des Grundgesetzes ausgebaut; der Bund reklamiert so eine finanzielle Allzuständigkeit;
  •  Risiken auf europäischer Ebene: neben der Abwicklung der Hilfen zur Bekämpfung der europäischen Staatsschuldenkrise bergen vor allem der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (Brexit) und der neue siebenjährige Finanzrahmen (2021 bis 2027) für den EU-Haushalt sowie die vorgesehene europäische Bankenunion finanzwirtschaftliche Risiken für den Bundeshaushalt;
  •  ein Wegfall des Solidaritätszuschlags würde ab 2020 jährliche Mindereinnahmen von etwa 20 Mrd. Euro bedeuten, die anderweitig ausgeglichen werden müssten; nach den Erfahrungen mit der verfassungswidrigen Kernbrennelementesteuer (mit Steuer- und Zinsverlusten für den Bund von rund 7 Mrd. Euro) sollte der Abbau des Solidaritätszuschlags verfassungsfest ausgestaltet werden. Es ist daher fraglich, ob die im Finanzplan hierfür erst ab dem Jahr 2021 reservierten Mittel von 20 Mrd. Euro ausreichen.

„Diese Herausforderungen machen eine nachhaltige finanzwirtschaftliche Strategie notwendig“, sagte Scheller. „Hierzu sollten die Ausgaben und die zahlreichen steuerlichen Vergünstigungen für verschiedene Interessengruppen einer kritischen Überprüfung unterzogen werden.“

Neben den finanzwirtschaftlichen Risiken führen Vollzugsmängel, aber auch strukturelle Defizite zu erheblichen Steuerausfällen und unangemessenem Bürokratieaufwand. In seinen aktuellen Bemerkungen macht der Bundesrechnungshof hierzu wieder zahlreiche Entlastungsvorschläge, wie die Bundesverwaltung zielgerichteter, effizienter, wirkungsvoller arbeiten kann. Diese Vorschläge konzen-trieren sich auf ein Finanzvolumen von rund 10 Mrd. Euro. Hier eine Auswahl:

Energie

Überhöhte KfW-Vergütung in dreistelliger Millionenhöhe (Nr. 14)

Die Wirtschaftlichkeit des CO2-Gebäudesanierungsprogramms ist wegen einer zu hohen Vergütung der KfW nicht nachgewiesen. Mit diesem Programm fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) die energetische Sanierung von Wohn- und Nutzimmobilien mit jährlich etwas über 1 Mrd. Euro. Die KfW führt das Programm durch und verwaltet es. Obwohl die KfW dabei weder Akquisekosten noch Risiken trägt, erhielt sie dafür in den Jahren 2016 und 2017 eine Vergütung von 130 bzw. 140 Mio. Euro. Diese Mittel stehen nicht mehr für Förderzwecke zur Verfügung. Die optimale Ausnutzung der Fördermittel für die Förderzwecke muss aber das vorrangige Ziel sein. Deshalb sollte das BMWi das CO2-Gebäudesanierungsprogramm nicht unverändert fortsetzen, sondern dessen Wirtschaftlichkeit umfassend untersuchen. Neben einer Verschlankung des derzeit aufwendigen Verfahrens zur Kreditvergabe könnte sich eine Förderung über weitergehende Zuschüsse oder Vergünstigungen als wirtschaftlich vorteilhaft darstellen. Die Zuschüsse könnten auch andere Stellen gewähren.

Steuern 

1 Mrd. Euro Hinterziehungszinsen nicht eingenommen (Nr. 31)

Nach dem Ankauf von „Steuer-CDs“ mit Informationen über Kapitalerträge von Deutschen im Ausland durch die Finanzbehörden zeigten sich viele Bürgerinnen und Bürger selbst an. Sie legten dabei bislang verschwiegene ausländische Kapitalerträge zur Nachversteuerung offen. Die Finanzämter verzinsten bei diesen Nachversteuerungen nur hinterzogene Jahressteuern. So entgingen dem Fiskus seit dem Jahr 2010 Einnahmen von rund 1 Mrd. Euro. Denn auch hinterzogene Einkommensteuer-Vorauszahlungen sind zu verzinsen. Das wussten viele der Beschäftigten in den Finanzämtern nicht. Detaillierte Erläuterungen fehlten in den Verwaltungsanweisungen, ebenso wie Beispiele zur Berechnung der Zinsen. Manuell ist diese Berechnung sehr kompliziert, zeitaufwendig und fehleranfällig, IT-Unterstützung gibt es nicht. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat Regelungen zur Berechnung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen angekündigt. Darüber hinaus hält es der Bundesrechnungshof für zwingend erforderlich, umgehend für eine IT-Unterstützung bei dieser Berechnung zu sorgen.

 Bund entgehen 185 Mio. Euro Stromsteuer (Nr. 10)

Durch ungerechtfertigte Befreiungen von der Stromsteuer sind dem Bund Einnahmen von 185 Mio. Euro entgangen. Betreiber kleinerer Energieerzeugungsanlagen erhielten Förderungen für erneuerbare Energien und wurden zusätzlich von der Stromsteuer befreit. Die Stromsteuerbefreiung war seit dem Jahr 2009 nicht mehr zulässig. Das BMF erkannte diese Doppelförderung bis 2015 nicht. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits 95 Mio. Euro Stromsteuer verjährt. Ein Betrag von 90 Mio. Euro hätte noch erhoben werden können. Hier war noch keine Verjährung eingetreten. Das BMF verzichtete aber unter Hinweis auf Vertrauensschutz auf die Erhebung. Damit vermied es Auseinandersetzungen mit der Strombranche. Nach Auffassung des Bundesrechnungshofes hätte das BMF den Steueranspruch nicht verjähren lassen dürfen, sondern erheben müssen. In Zweifelsfällen hat das BMF im Interesse des Bundes die Steuer zu erheben. Eventuelle Streitfälle müssen später die Finanzgerichte entscheiden.

Steuerverfahren in Millionenhöhe verschleppt (Nr. 11)

Nach aufwendigen Ermittlungen verschleppte die Zollverwaltung die Erhebung von 30 Mio. Euro an hinterzogenen Zöllen und Steuern. Sechs Jahre ermittelte die Zollfahndung personal- und kostenintensiv wegen banden- und gewerbsmäßiger Steuerhinterziehung bei der Einfuhr von Waren aus Asien. Für die nachträgliche Besteuerung von hunderten Fällen setzte die Zollverwaltung aber nur einen einzigen Mitarbeiter ein. Dabei ist die Besteuerung schwierig, umfangreich und zeitintensiv. Der Mitarbeiter hätte dafür mehrere Jahre gebraucht. Diese Verschleppung gefährdet die Erhebung der hinterzogenen Zölle und Steuern und beeinträchtigt die Strafverfolgung. Der Bundesrechnungshof erwartet, dass nach den aufwendigen Ermittlungen die Zölle und Steuern zügig erhoben werden. Der Besteuerung muss das BMF die erforderliche Bedeutung beimessen und die notwendigen Bedingungen dafür schaffen.

Prüfungsquote der Umsatzsteuer-Sonderprüfungen sinkt weiter (Nr. 32)

Die Prüfungsquote bei Umsatzsteuer-Sonderprüfungen geht seit Jahren dramatisch zurück. Auf entsprechende Feststellungen des Bundesrechnungshofes aus dem Jahr 2006 und Aufforderungen des Bundestages aus dem Jahr 2007 reagierte das BMF nur unzureichend. So sank die Prüfungsquote in den Folgejahren kontinuierlich weiter. Sie betrug im Jahr 2017 im Bundesdurchschnitt nur noch 1,4 % gegenüber 2 % im Jahr 2005. Ein Unternehmer unterliegt demnach rechnerisch lediglich alle 71 Jahre einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Dies gewährleistet keine gleichmäßige Besteuerung und wirkt Umsatzsteuerbetrug nicht entgegen. Das BMF sollte über seine Bundesaufsicht für eine angemessene Prüfungsquote sorgen und den Ländern dafür eine Mindestquote vorgeben.

Steuerausfälle bei Agrarsubventionen (Nr. 33)

Fehlende Informationen bei der Finanzverwaltung über Agrarsubventionen führen zu Steuerausfällen. Agrarsubventionen beantragen Forst- und Landwirte bei den Landwirtschaftsämtern. Sie sind steuerpflichte Einkünfte, die in der Steuererklärung anzugeben sind. Den Finanzämtern war jedoch jeder zehnte landwirtschaftliche Betrieb, der Agrarsubventionen erhielt, nicht bekannt. Ihnen fehlen geeignete Informationen für eine vollständige steuerliche Erfassung. Bekannte Betriebe verschwiegen teilweise die Agrarsubventionen. Dies führt zu erheblichen Steuerausfällen. Von einem Betrieb forderte ein Finanzamt nach Hinweis des Bundesrechnungshofes 125 000 Euro zurück. Der Bund sollte unverzüglich für den dringend notwendigen Informationsaustausch zu Agrarsubventionen zwischen den Landwirtschaftsämtern und der Finanzverwaltung sorgen.

Bundeswehr

Bundeswehr kennt ihre Sprengmittelbestände nicht (Nr. 25)

Über den Bestand ihrer Sprengmittel hat die Bundeswehr keinen vollständigen Überblick. Zwar nutzt sie eine zentrale Datenbank. Diese umfasst aber nicht alle Bestände und Lagerorte. So wurden z. B. die Bestände einer Dienststelle für die Erforschung und Erprobung von Sprengmitteln nicht zentral erfasst. In anderen Dienststellen waren die tatsächlichen Bestände und der Lagerort von Sprengmitteln unbekannt. So besteht u. a. die Gefahr, dass lediglich die Funktionsfähigkeit von zentral erfassten Sprengmitteln überwacht wird. Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) sollte die Bestandsübersicht über Sprengmittel umgehend aktualisieren. Die zentrale Datenbank sollte ausnahmslos alle Sprengmittel enthalten.

Neue Krankentransportfahrzeuge für die Bundeswehr: mindestens 52 Mio. Euro einsparen (Nr. 26)

Die Bundeswehr sollte bei der Beschaffung von Krankentransportfahrzeugen mindestens 52 Mio. Euro einsparen, indem sie weniger Fahrzeuge beschafft und diese weniger umfangreich ausrüstet. Sie will für die sanitätsdienstliche Versorgung im Inland alte Krankentransportfahrzeuge durch 240 neue Fahrzeuge ersetzen. Aus den Nutzungsdaten der letzten drei Jahre ergibt sich aber ein tatsächlicher Bedarf von lediglich 200 neuen Fahrzeugen, inklusive Fahrzeugreserve. Zudem will die Bundeswehr die Fahrzeuge für die Nutzung im Inland so ausstatten wie für den Auslandseinsatz. Dort unterliegen sie besonderen Anforderungen und sind daher pro Fahrzeug rund 190 000 Euro teurer. Für den sanitätsdienstlichen Einsatz im Inland reicht eine begrenzte militärische Ausrüstung aber vollkommen aus. Das BMVg sollte nur 200 Fahrzeuge mit geringerer Ausstattung beschaffen und so mindestens 52 Mio. Euro einsparen.

Mangelnde Einsatzbereitschaft von Funktrupps: Bundeswehr fehlt Personal und moderne Technik (Nr. 27)

Die mangelhafte personelle und materielle Einsatzbereitschaft der Kurzwellen-Funktrupps hat das BMVg viel zu lange hingenommen. Schon im Jahr 2009 kritisierte der Bundesrechnungshof den desolaten Zustand. Im Jahr 2010 sagte das BMVg zu, die Trupps deutlich zu reduzieren und das überschüssige Material zügig auszusondern und zu verwerten. Es wollte damit die Einsatzbereitschaft verbessern. Diese Zusage hat das BMVg nicht eingehalten. Zwar hat es die Zahl der Trupps bis 2017 von 500 auf 45 reduziert, aber für diese Trupps kein ausreichend ausgebildetes Personal bereitgestellt. So waren in 2017 nur 12 Trupps vollständig einsatzbereit. Überschüssiges Material wurde nur teilweise ausgesondert und nicht verwertet, sondern eingelagert. Die jahrelange, teils unsachgemäße Lagerung – z. B. auf offenem, unbefestigtem Gelände – führte zu Wertverlust und unnötigen Lagerkosten. Die Bundeswehr sollte ausgesondertes Material rasch verwerten, nur noch wenige Trupps für den Erhalt der Fähigkeit vorhalten und die längst überfälligen Schritte hin zu einem einsatztauglichen Nachfolgesystem einleiten.

IT-Sicherheit gefährdet (Nr. 24)

Seit Jahren sind der Bundeswehr IT-Sicherheitsmängel bei Dienststellen des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung bekannt. Diese gefährden die Prüfung und Bewertung des für die Bundeswehr vorgesehenen Materials. Das Bundesamt hat nicht festgelegt, wie die Geschäftsprozesse und Daten geschützt werden sollen. Konzepte und detaillierte Vorgaben zu IT-Sicherheitsmaßnahmen fehlen genauso wie IT-Fachpersonal. Letzteres kann dazu führen, dass sich die IT der Dienststellen wegen fehlender Updates mit Schadsoftware infiziert. Die Bundeswehr hat bislang zu wenig unternommen, um die Risiken zu verringern. Das BMVg muss die Sicherheitsmängel beseitigen und IT-Fachpersonal bereitstellen.

Straßenbau

Teurer Standort ohne Nutzen (Nr. 20)

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) will 3,4 Mio. Euro für ein Pilotprojekt am falschen Standort ausgeben. Es plant auf der A 93 bei Oberaudorf eine Verkehrsbeeinflussungsanlage, um bei zu hoher Luftbelastung die Geschwindigkeit reduzieren zu können. Damit will das BMVI feststellen, ob niedrigere Geschwindigkeiten die Schadstoffemissionen beeinflussen und so zur Einhaltung der Grenzwerte führen. Der geplante Standort ist dafür aber ungeeignet. Dort werden die Grenzwerte schon seit 2016 nicht mehr überschritten. Das BMVI sollte auf den Bau der Anlage verzichten.

Verkehr

Unnötige Millionen für ÖPNV-Haltestellen (Nr. 18)

Durch fehlende Standards hat das BMVI kommunale Haltestellen von S- und U‑Bahnen über Jahre mit mehreren Millionen Euro zu viel gefördert. Einheitliche Standards für Haltestellen, wie für Treppenbreiten und Dachflächen oder m2‑Höchstbeträge für Bodenbeläge oder Wandverkleidungen hätten eine Überförderung verhindert. Stattdessen erkannte das BMVI Beträge an, die bis zu dreimal höher waren als bei S- und Regionalbahnen der DB AG. Dort legt es einheitliche Standards und Höchstbeträge zugrunde. Entsprechende Standards sollte das BMVI auch für seine Förderung kommunaler Projekte festlegen.

Kommunalen Projekten des öffentlichen Personennahverkehrs kann das BMVI Finanzhilfen gewähren. Diese müssen sich allerdings auf Ausgaben beschränken, die für die Funktionsfähigkeit einer Verkehrsanlage notwendig sind. Alles, was darüber hinausgeht, müssen die beteiligten Länder und Kommunen selbst tragen. Durch Standards und Höchstbeträge sollte das BMVI das Kriterium der Funktionsfähigkeit ausgestalten, um zukünftig eine Überförderung zu vermeiden.

Auswärtiges

Zuwendungspraxis dringend verbessern (Nr. 4)

Das Auswärtige Amt (AA) stellt nicht sicher, dass Zuwendungen in Milliardenhöhe wie vorgesehen verwendet werden und wirken. Das AA hat weder einen Überblick über die Zuwendungen noch über den Bearbeitungsstand der Verfahren. Es lässt seit 2006 einen großen Teil der förderrechtlich anspruchsvollen Zuwendungen vom Bundesverwaltungsamt bearbeiten. Dabei hat das AA diese Aufgabenübertragung weder zukunftsfest geregelt, noch den hierfür erforderlichen Personalbedarf festgestellt. Aber auch die Bearbeitung der noch beim AA verbliebenen Fälle ist seit langem unzulänglich. So bauten sich seit Jahren Prüfungsrückstände auf. Im Mai 2018 waren etwa 2,46 Mrd. Euro an Zuwendungen ungeprüft. Der Bundesrechnungshof hat auf die mangelhafte Zuwendungspraxis schon länger hingewiesen, zuletzt im Jahr 2016; wesentlich verbessert hat sich seither aber nichts. Das AA muss mit Blick auf die weiter steigende Zahl von Zuwendungen und der sich hartnäckig haltenden Prüfungsrückstände dringend handeln.

Entwicklungszusammenarbeit

Unzulässige Förderung verschleiert (Nr. 29)

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) verschleierte eine unzulässige Förderung von 3,75 Mio. Euro für den Ausbau einer internationalen Schule in Bonn. Das BMZ zahlte diesen Betrag aus der Entwicklungszusammenarbeit an eine internationale Organisation, die ihn dann direkt an die Schule weiterleitete. Dabei erließ das BMZ weder einen Zuwendungsbescheid noch forderte es eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Auch stellte es keine Bedingungen für die Bauausführung oder die Ausschreibung der Bauleistungen. Will das BMZ künftig Bauprojekte fördern, muss es die Grundzüge des Zuwendungs- und Haushaltsrechts einhalten. Das Vorgehen des BMZ ist wegen der Bildungshoheit der Länder auch verfassungsrechtlich bedenklich.

Reaktionen von Linken und Grünen.

Ohrfeige für die Bundesregierung.

„Die Strategie des schlanken Staates und der schwarzen Null ist gescheitert. In vielen Verwaltungen fehlt qualifiziertes Personal, sodass die Handlungsfähigkeit des Staates stark eingeschränkt ist“, kommentiert Gesine Lötzsch, haushaltspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, die Bemerkungen des Bundesrechnungshofs 2018.

Lötzsch weiter:

„Es ist haarsträubend, dass eine Milliarde Euro an Hinterziehungszinsen nicht eingenommen wurden, weil es keine entsprechende Software gab und immer noch nicht gibt. Es ist unverständlich, dass Unternehmen durchschnittlich nur alle 71 Jahre mit einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung rechnen müssen und die Prüfungsquote in den vergangenen Jahren gesunken ist. Auch die Kritik an zu geringen Investitionen und an der Einführung des Baukindergeldes ist völlig berechtigt. Allerdings teile ich nicht die Auffassung des Bundesrechnungshofs, dass die schwarze Null nur noch zu retten ist, wenn im Haushalt Ausgaben gekürzt werden. Wir könnten auch auf eine Neuverschuldung in den nächsten Jahren verzichten, wenn wir Vermögen gerecht besteuern würden. Doch dagegen wehrt sich diese Bundesregierung mit Händen und Füßen. Damit wird sie zur Vermögensverwalterin einer sehr kleinen reichen Minderheit.“

Bundesrechnungshofbericht: Bundesregierung verschwendet Milliarden.

Anlässlich der heutigen Vorstellung der „Bemerkungen 2018 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes“ erklärt Ekin Deligöz, Obfrau im Rechnungsprüfungsausschuss und Mitglied des Haushaltsausschusses von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:

„Der Bericht des Rechnungshofes zeigt den massiv unverantwortlichen Umgang der Bundesregierung mit Steuergeldern. Besonders das CSU-geführte Verkehrsministerium sticht dabei durch krasse Fehlplanungen und völlig falsch dimensionierte Straßenbauprojekte hervor. Verkehrsminister Scheuer setzt damit die Tradition der Verschwendungen in Millionenhöhe seines Vorgängers Dobrindt fort – ohne einen Willen zur Besserung erkennen zu lassen.

Unverständlich ist es außerdem, dass das Bundesministerium für Finanzen offensichtlich nicht in der Lage ist, mit den Finanzämtern für angemessene IT-Unterstützung zu sorgen, um beinahe eine Milliarde Euro Hinterziehungszinsen einzufordern.

Solche Milliardenverschwendungen sind für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ein Schlag ins Gesicht. Diese Milliarden werden an anderer Stelle dringend gebraucht. Der Bundesregierung fehlt es am Willen zur wirtschaftlichen Mittelverwendung. Dieses Verhalten führt dazu, dass das Vertrauen in unser Steuersystem verloren geht.

Es fällt auf, dass die Bundesregierung auf Herausforderungen wie den Demografischen Wandel, den Erhalt und Ausbau unserer Infrastruktur oder den Risiken auf internationaler Ebene, wie dem Brexit nur unzureichend reagiert. Die Große Koalition braucht eine nachhaltige finanzwirtschaftliche Strategie. Wir Grüne werden weiter dafür kämpfen, dass zukünftige Generationen die Last für jetzige Vorhaben nicht alleine tragen müssen, denn staatliches Handeln darf nicht auf Kosten zukünftiger Generationen gehen.“

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