Der Senator für Finanzen des Landes Berlin, Stefan Evers, hat gemeinsam mit Joe Chialo, dem zuständigen Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, für die Haushaltsjahre 2025 und 2026 Sparzwänge von bis zu zehn Prozent des Gesamthaushalts im Kulturbereich angekündigt. Diese Kürzungen würden die Spielfähigkeit der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz mit rund 250 fest beschäftigten Mitarbeiter:innen und einem etablierten Umfeld zahlreicher künstlerischer Persönlichkeiten erheblich einschränken, wenn nicht sogar kollabieren lassen.
Die Theater und generell die beispiellose kulturelle Landschaft Berlins sind durch die Kürzungen erheblich gefährdet. Eine Einsparung in Höhe von zehn Prozent käme zudem insbesondere für die Freien Darstellenden Künste Berlins einer Abwicklung gleich. Warum ist das so?
Zehn Prozent des
Gesamtbudgets entsprechen beispielsweise an der Volksbühne – wie auch an
anderen Theatern vergleichbarer Größenordnung – in etwa dem variablen Anteil,
der für die künstlerische Arbeit im Personalbereich zur Verfügung steht (u. a.
Gagen, Honorare für Regieteams und Gäste, Vorstellungskosten für laufendes
Repertoire, Einzelveranstaltungen, Reihen etc.).
Ein weiterer variabler Anteil steht für die künstlerische Arbeit im
Sachkostenbereich zur Verfügung (Fertigung von Dekorationen und Kostümen,
Tantiemen/Rechteabgeltungen, Öffentlichkeitsarbeit etc.). Mindestens 80 Prozent
des Budgets machen Fixkosten aus (Löhne und Gehälter der Festangestellten,
Mietkosten, Haus-, Betriebs-, Gebäudetechnik, Infrastruktur usw.). An den
Fixkosten kann aufgrund von tariflichen Bindungen, vertraglichen oder sonst
rechtlichen Verpflichtungen so kurzfristig kaum gespart werden. Das ist nicht
anders als im Gesamthaushalt Berlins, bei dem gemäß Senator Evers die größten
Ausgaben, nämlich die für die Verwaltung, nicht kurzfristig reduziert werden
können.
Jede Mittelkürzung geht also zulasten des künstlerischen Budgets. Für die
Volksbühne bedeutet dies, dem Publikum weniger Programm an weniger Spieltagen
anzubieten, Künstler:innen Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten zu verwehren und
eine kleinere Öffentlichkeit zu erreichen. Die daraus resultierenden
Einnahmeeinbußen belasten den Haushalt zusätzlich. Die beabsichtigten
Einsparungen provozieren so, in die Zukunft gerichtet, teils irreparable
Eingriffe.
Insbesondere die Szene der Freien Darstellenden Künste würde bei so extremen Sparmaßnahmen vollkommen zerstört, was unbedingt verhindert werden muss. Mit über 40.000 Künstler:innen leistet die Freie Szene einen essenziellen Beitrag zur kulturellen Vielfalt und damit auch Anziehungskraft Berlins. Gleichzeitig sind die Strukturen hier nach wie vor weitgehend prekär und chronisch unterfinanziert. In den letzten Jahren fand die Leistung der Freien Darstellenden Künste Anerkennung in der Politik, für den Beitrag, den sie neben den Landeskultureinrichtungen und etablierten subventionierten Häusern leisten. Es gab einen Aufbruch, diese Wertschätzung in solidere und langfristigere Förderstrukturen zu übersetzen. Die angekündigten Kürzungen treffen die Freie Szene deshalb unverhältnismäßig hart, ganz konkret sind gerade die vielen kleineren Soloselbständigen, Projekte und Gruppen in der Projektförderung unmittelbar in ihrer Existenz und in ihrem Schaffen bedroht, wenn Mittel gekürzt und damit auch weniger Projekte gefördert werden können. Schon 2024 war das Antragsvolumen der als förderwürdig eingestuften Projekte dreieinhalbmal so hoch wie die zur Verfügung stehenden Gelder. Die nach wie vor prekären Strukturen sollen nun weiter belastet werden. Kürzung heißt hier grundsätzlich: Kürzung an der Substanz. Die kulturelle Vielfalt der Stadt – ihr Aushängeschild – ist bedroht.
Die Politik ist JETZT aufgefordert, die Berliner Kultur in der Haushaltskrise zu schützen! Die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz ruft dringend dazu auf, die entsprechende Petition des Bühnenvereins zu unterzeichnen und weit zu verbreiten.
Quelle: Pressemitteilung der Volksbühne vom 16.10.2024