Wirecard: Verfahren gegen Financial Times-Journalisten eingestellt.

Vom Standpunkt der damaligen Informationslage aus weder falsch noch irreführend.

Die Staatsanwaltschaft München I hat soeben (am 3. September 2020) die Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Wertpapierhandelsgesetz gegen die Journalisten der Financial Times nach § 170 II StPO eingestellt.

In dem Ermittlungsverfahren wurde folgendes geprüft: Die Beschuldigten sind Journalisten der Financial Times, London, und haben in dieser Funktion zwischen dem 30.01.2019 und dem 07.02.2019 mehrere Artikel veröffentlicht, die sich auf die Wirecard AG und deren Geschäftsgebaren bezogen. Wesentlicher Inhalt dieser Artikel war, dass der Verdacht bestehe, dass durch Tochterfirmen der Wirecard AG in Singapur und die dort beschäftigten Verantwortlichen in diesen Firmen verschiedene undurchsichtige Geschäfte durchgeführt worden seien, insbesondere mit dem Ziel, reale Geschäftsvorfälle vorzutäuschen, die so nicht stattgefunden hätten.

Aufgrund der Berichterstattung stürzte der Aktienkurs der Wirecard AG ab und verlor in wenigen Tagen fast die Hälfte seines Wertes. Diesbezüglich hatte bereits die Wirecard AG selbst Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet mit dem Verdacht, dass eine verbotene Marktmanipulation vorliege. Durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wurden Ermittlungen durchgeführt und am 09.04.2019 Strafanzeige unter anderem gegen die beiden Beschuldigten erstattet. Aufgrund der Ermittlungen der BaFin, die zum einen die Art und Weise der Berichterstattung analysierte, zum anderen überprüfte, inwieweit vor Veröffentlichung der Berichte durch weitere Beteiligte sogenannte Shortpositionen aufgebaut wurden, kam diese zu dem Schluss, dass Anhaltspunkte bestünden, dass die Beschuldigten zum einen bewusst eine „ratierliche Berichterstattung“ gewählt hatten, obwohl die Gesamtheit der von ihnen veröffentlichten Artikel bereits vorher bekannt gewesen sein müsse und zudem dies in Kooperation mit Shortsellern vorgenommen hätten, um diesen zu ermöglichen, von den zu erwartenden Kursverlusten nach Bekanntwerden der Berichte zu profitieren.

Das Ermittlungsverfahren war einzustellen, da sich nach den bisherigen Ermittlungen keine hinreichenden Anhaltspunkte haben feststellen lassen, die die von der BaFin aufgeworfenen Verdachtsmomente hätten stützen können. Im Zuge der Ermittlungen sowie der Ermittlungen in weiteren Verfahren konnte mittlerweile festgestellt werden, dass die Berichterstattung der Beschuldigten grundsätzlich zutreffend ist und jedenfalls vom Standpunkt der damaligen Informationslage aus weder falsch noch irreführend war. Unmittelbare, konkrete Kontakte mit Shortsellern haben sich nicht ergeben. Anhaltspunkte, dass die Beschuldigten selbst bewusst Inhalt und Zeitpunkt ihrer Berichte Dritten bekannt gegeben hätten und damit Insiderinformationen weitergegeben haben, ergaben sich nicht. Vielmehr deuten die weiteren Ermittlungsergebnisse darauf hin, dass gegebenenfalls weitere Personen, die sich im Umfeld der Beschuldigten befanden oder vom Erscheinen der Berichte wussten, die entsprechenden Informationen weitergegeben haben. Die Ermittlungen gegen mögliche Shortseller werden fortgeführt.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erklärte ebenfalls soeben zur Einstellung:

„Die Staatsanwaltschaft München I hat uns am 3. September 2020 darüber informiert, dass sie beabsichtigt, die Marktmanipulationsverfahren gegen die Beschuldigten Dan McCrum und Stefania Palma nach § 170 II StPO in Bezug auf die Shortattacke im Januar 2019 einzustellen.

Wir haben der Staatsanwaltschaft dazu mitgeteilt, dass wir hiergegen keine Einwände erheben.

Wir hatten der Staatsanwaltschaft bereits bei Anzeigeerstattung im April 2019 mitgeteilt, dass wir – soweit sich eine Marktmanipulation durch kollusives Zusammenwirken zwischen Journalisten und Shortsellern nicht nachweisen lässt – auch möglichen Insiderhandel anzeigen. Diesem Ansatz folgt die Staatsanwaltschaft nun, die dortigen Ermittlungen gegen die Shortseller laufen weiter.“

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