Zweistellige Verluste für CDU und SPD in Hessen.

Linke legen mäßig, Grüne erheblich zu. AfD erstmals im Landtag.

Hochrechnung ca. 23:00 Uhr (ARD):

CDU 27 Prozent, 35 Sitze.

SPD: 20,1 Prozent, 26 Sitze.

Grüne: 19,6 Prozent, 25 Sitze.

Linke: 6,2 Prozent, 8 Sitze.

FDP: 7,7 Prozent, 10 Sitze.

AfD: 13,1 Prozent, 17 Sitze.

Andere: 6,3 Prozent.

Die TP Presseagentur hat sich heute im Karl-Liebknecht-Haus in Berlin (Bundesgeschäftsstelle der Linken) aufgehalten und dort die Reaktionen auf die Hessenwahl bei den Vorstandsmitgliedern beobachtet.

Auf jeden Fall würde es eine sozialere Politik mit uns in Hessen geben.

Fragen an und Antworten von Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag, und Simone Oldenburg, Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag in Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern).

TP: Herr Bartsch, 8 Prozent bei den Umfragen für die Linken in Hessen, nun 6,5 Prozent bei der 18:00-Uhr-Prognose. Zwar haben sie artig geklatscht wie alle hier im Karl-Liebknecht-Haus; zufrieden oder doch enttäuscht?

Bartsch: Wir hatten bei der letzten Wahl 5,2 Prozent. Das war der Ausgangspunkt. Von diesem Wert haben wir zugelegt, wir werden sehen wie viel. Und deswegen ist es ein Erfolg in einem westdeutschen Flächenland das vierte Mal ins Parlament einzuziehen. Das ist für uns etwas Besonderes. Das schaffen wir in anderen Ländern nicht. Das ist das Ergebnis einer guten Arbeit, die die hessische Linke vorzuweisen hat.

TP: Für Rot-Rot-Grün scheint es derzeit allerdings nicht zu reichen?

Bartsch: Ja schau‘n wir mal wie das am Ende sein wird, der Abend ist ja noch sehr früh. An uns hat’s nicht gelegen. Wir haben zugelegt, die SPD hat wieder einmal dramatisch verloren. Wenn es reichen sollte, sagt die Linke ganz klar: Wir sind selbstverständlich, wenn es einen Politikwechsel gibt, zu Gesprächen bereit.

Wir wollen Mitte-Links-Bündnisse wo immer sie möglich sind. Und deswegen warten wir das Ergebnis ab. An uns, wie gesagt, wird es nicht scheitern.

TP: Frau Oldenburg, wie sehen Sie das?

Oldenburg: Ich möchte erst einmal den Hessen ganz doll gratulieren für den hervorragenden Wahlkampf. Es zeigt sich, dass sich wirklich soziale Politik durchsetzen kann und dass wir nicht immer das Nachsehen haben, sondern dass wir auch tatsächlich im Westen zulegen können. Und dafür erst einmal einen herzlichen Glückwunsch.

Ich hoffe eigentlich, dass ein Politikwechsel stattfinden kann in Hessen. Die SPD und die Grünen könnten sich dann entscheiden, ob es weitergeht mit einer Politik des Sozialabbaus oder mit einer sozialen Politik.

TP: Was wäre in Hessen umsetzbar mit einer Beteiligung der Linken?

Oldenburg: Na ich denke sozialer Wohnungsbau ist ein ganz großes Thema, natürlich auch die fehlenden Lehrkräfte, dass man da nochmal für eine gute Bildungspolitik streitet. Aber auch gegen die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Da müssten uns die Grünen ein ganz schönes Stück entgegenkommen. Sicherlich ist vieles verhandelbar. Auf jeden Fall würde es eine sozialere Politik mit uns geben.

Diese Fraktion hätte sogar noch mehr Prozente verdient.

TP: Frau Kipping, 6,6 Prozent in der Prognose, wohin könnte die Reise der Linken gehen in Hessen? Ihr Statement bitte.

Kipping: Wir haben uns sehr gefreut, dass die Linke in Hessen sicher und gestärkt wieder in den Landtag einzieht. Das ist mehr als verdient, weil die dort eine großartige Arbeit geleistet haben. Dort wurden immer wieder soziale Themen wie Kinderarmut angesprochen, die haben sich stark gemacht für bezahlbares Wohnen und den Ausbau von Bus und Bahn. Aber eine Fraktion, die so Großartiges leistet wie diese Fraktion unter der Leitung von Janine Wissler und Jan Schalauske hätte sogar noch mehr Prozente verdient.

TP: 8 Prozent waren in den Umfragen vorhergesagt, leider sind es bis jetzt nur 6,6 Prozent geworden. Hätten 8 Prozent ausgereicht, eine rot-rot-grüne Koalition zustande zu bringen?

Kipping: Ich kann nur sagen, wenn es nicht zu einem Politikwechsel kommen sollte, liegt es bestimmt nicht an der Linken, weil 2008 ist ein Politikwechsel in Hessen an vier SPD’lern gescheitert, das letzte Mal ist es an den Grünen gescheitert. Wir als Linke haben immer gesagt, wir machen uns stark zum Beispiel für bezahlbares Wohnen. Und das machen wir in der Opposition, und das machen wir aber auch gerne in der Regierung.

TP: Theoretisch wäre ja eine Möglichkeit da, wenn die Grünen mitspielen würden, zumal die CDU ja eine Koalition mit der AfD ausschließt.

Kipping: Das ist jetzt ein bisschen viel Kaffeesatzleserei. Ich kann nur sagen, ich glaube, so etwas Halbgewalltes wie Jamaika wird den Rechtsruck nicht aufhalten. Wenn man den Rechtsruck bundesweit aufhalten möchte, braucht es ein klares Eintreten für fortschrittliche Mehrheiten für einen grundlegenden Politikwechsel, damit alle Leute wissen, wir kämpfen für  ein Land wo alle sicher vor Armut geschützt sind und wo die Mitte deutlich besser gestellt ist und wo wir bundesweit auch eintreten in eine Politik des Abrüstens und der Entspannung anstatt auf Aufrüstung zu setzen.

Die SPD kann sich jetzt keine neue Führungsdebatte leisten.

TP: Herr Riexinger, bei der Prognose um 18:00 Uhr haben sie zwar geklatscht, aber nicht gerade euphorisch gejubelt. Mit Sicherheit hätten Sie sich mehr als 6,5 Prozent gewünscht?

Riexinger: Wir haben uns zwar mehr gewünscht, sind aber mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

TP: In den Umfragen waren noch 8 Prozent vorhergesagt, geworden sind’s nun ca. 1,5 Prozent weniger.

Riexinger: Das werden wir jetzt sicher analysieren müssen. Das ist uns ja schon bei der Bayernwahl auch passiert, dass wir offensichtlich am Schluss der Wahlphase unter zugespitzten Verhältnissen –  hier zwischen SPD und Grünen, aber auch mit der CSU-, irgendwie ein bisschen abbrechen. Aber trotzdem will ich den Erfolg der Hessen überhaupt nicht schmälern, im Gegenteil, die haben einen hervorragenden Job gemacht. Sowohl in der Landtagsfraktion als auch im Wahlkampf. Und wenn die Pfeile nach oben zeigen – wir haben 1,4 Prozent, 3 Mandate dazugewonnen in einer Situation wo es für andere Parteien absolute Erosionsprozesse gibt -, dann bin ich sehr zufrieden. Wir mussten auch nicht zittern um den Einzug in einem Flächenland.

TP: Für eine Koalition mit der SPD und den Grünen wird es voraussichtlich nicht reichen. Was stellen Sie bzw. Ihre hessischen Parteifreunde sich nun vor, in der Oppositionsarbeit nun zu bewegen?

Riexinger: Es ist zwar schade, dass es offensichtlich nicht gereicht hat für einen Politikwechsel…

TP: …hätten 8 Prozent gereicht?

Riexinger: Acht Prozent hätten gereicht. Das Hauptproblem ist die SPD, die zu viel verloren hat, vielleicht auch nicht eindeutig genug war. Die Wähler wussten nicht genau was auf sie zukommt. Ich glaube, die Konsequenz muss sein, dass wir auf unserem Weg weitermachen. Die hessische Linke hat vorzüglich demonstriert wie man außerparlamentarische und parlamentarische Arbeit miteinander verknüpfen kann. Busfahrer sind ins Parlament eingeladen worden, die zu wenig bezahlt bekommen. Die Fraktion ist bei den Streikenden bei Ryanair. Am Flughafen gegen den Fluglärm. Überall ist die Linke präsent und trägt diese Fragen ins Parlament. Ich finde, das ist sehr gut geglückt, dass wir dadurch politische Sprecherinnen und Sprecher der   Menschen im Land sind, die sich bewegen und was verändern wollen.

Und das müssen wir weiter zum Ausdruck bringen und schauen, dass wir weiter kontinuierlich wachsen.

TP: Sehen Sie bei dem Ergebnis der SPD in Hessen Konsequenzen für die Bundesvorsitzende Nahles?

Riexinger: Nahles hat ja nun gesagt, dass sie morgen einen Vorschlag vorlegen will. Ich bin mal gespannt wie der aussieht. Ich vermute, sie werden jetzt klarere Bedingungen stellen.

TP: Glauben Sie, dass sie zurücktritt?

Riexinger: Das glaube ich nicht, die SPD kann sich jetzt keine neue Führungsdebatte leisten. Und sie wird nicht den Mut haben aus der großen Koalition rauszugehen, weil sie in einer solchen Situation Angst vor Neuwahlen hat. Ich halte es für einen großen Fehler, wenn sie in der großen Koalition bleibt. Ich vermute mal, die werden keinen Bruch machen, aber sie werden klarere Bedingungen stellen, sie werden sagen: Erstens, zweitens, drittens…, die CDU müsse sich hier anders verhalten, sonst werden wir rausgehen.

TP: Es war ja auch in Hessen spekuliert worden, die Grünen könnten den Ministerpräsidenten stellen, das wird ja jetzt wahrscheinlich auch nichts werden.

Riexinger: Nein, das reicht rechnerisch nicht für Rot-Rot-Grün. Es wird offensichtlich nur eine Option geben, und das ist Schwarz-Grün-Gelb. Das werden dann auch alle drei Parteien machen. Dann ist der Stuhl von Frau Merkel gerettet, würde ich sagen.

TP: Bouffier hat’s geschafft, wenn auch nur mit 27 Prozent, also mit erheblichen Verlusten.

Riexinger (lacht): Er ist damit der Wahlsieger heute Abend.

Fotos (oben v.l.n.r.): Katja Kipping, Bernd Riexinger, Simone Oldenburg, Dietmar Bartsch.

Foto (unten v.l.n.r.): Stefan Hartmann, Vorstandsmitglied der Linken, Simone Oldenburg, ebenfalls Vorstandsmitglied.

Fotoquellen und Collage: TP Presseagentur in Berlin

https://web.facebook.com/linkspartei/videos/731199943897082/

Pressekonferenz nach der Landtagswahl in Hessen.

Publiée par Andrea Nahles sur Dimanche 28 octobre 2018

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