Berlins neuer Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) unter Beschuss der GG/BO.

Gefangenengewerkschaft GG/BO fordert die sofortige Öffentlichmachung von Suiziden in bundesdeutschen Haftanstalten.

„‘Selbstverstümmelungen‘ und ‚Freitode‘ bei inhaftierten Menschen gehören faktisch zum Alltag in bundesdeutschen Haftanstalten. Ein zentraler Grund hierfür ist die desolate medizinische Versorgungslage hinter Gittern. Erkrankungen wie so genannte bipolare Störungen in der Form von manischen Depressionen oder Psychosen werden bei Gefangenen oft nicht nur nicht diagnostiziert, sondern gleichfalls ignoriert. Die Unter- und teilweise Nicht-Versorgung von erkrankten Inhaftierten ist unseren Kenntnissen zufolge kein Einzelfall einer oder einiger weniger Haftanstalten. Stattdessen ist eine solche Situation flächendeckend in Untersuchungshaftanstalten und in der Strafhaft zu registrieren“, so die Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation GG/BO in einer heutigen Pressemitteilung.
Vor dem Hintergrund einer wieder steigenden Rate von Suiziden von Gefangenen seien daher nicht nur Maßnahmen der therapeutischen Prävention notwendig, sondern auch eine andere Informationspolitik seitens der Justizministerien und Justizsenate, so die GG/BO weiter.

Die Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO) fordert daher hinsichtlich von Todesfällen hinter Gittern erstens einen transparenten Umgang und zweitens eine umgehende Öffentlichmachung.
Des Weiteren sei aus Sicht der GG/BO die parlamentarische Legislative aufgerufen, in den Landesstrafvollzugsgesetzen zu verankern, dass Todesfälle in der Haft über die Pressestellen der zuständigen Ministerien und Senate bekannt gemacht werden müssen.
Der neue Berliner Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne), der sich jahrelang als Oppositionspolitiker für eine derartige Transparenz und Informationspolitik stark gemacht hatte, enttäusche, so die GGBO, bereits nach wenigen Wochen seiner Amtszeit. Auch die Justizbehörde unter Behrendt bediene sich der Informationssperre, was Suizide in Berliner Knästen betrifft. Erst der Berliner Tagesspiegel habe einen aktuellen Suizid in der JVA Tegel öffentlich gemacht. (http://www.tagesspiegel.de/berlin/tod-im-gefaengnis-auch-der-neue-senator-behrendt-schweigt/19186172.html)

In der Tat hatten Dirk Behrendt stets die vielen Todesfälle im Strafvollzug in Berlin beschäftigt. Als Abgeordneter hatte er deswegen die Justizsenatorin Gisela von der Aue mit Parlamentarischen Anfragen regelrecht bombadiert, solche Fälle öffentlich zu machen. Diese sei, so Behrendt, als erste ihrer Amtshandlungen vor fast zehn Jahren dazu übergegangen, die Öffentlichkeit nicht mehr zu informieren, wenn sich jemand im Gefängnis das Leben nimmt.

Dirk Behrendt dazu im August in einem Interview gegenüber der TP Presseagentur:

„Das fand ich nicht richtig, es sah so aus als ob sie da etwas vertuschen will. Mit Kleinen Anfragen, und zwar im Monatsrhythmus, habe ich sie gezwungen, das der Öffentlichkeit mitzuteilen. Es hat länger gedauert, bis sie uns als Abgeordnete zumindest wieder informiert hat. Bis heute mache ich halbjährlich eine Abfrage, in welcher Anstalt es welche Suizidversuche gab, welche gelungen waren und welche nicht. Das ist ein Thema, das ich zehn Jahre durchgezogen habe.“

Mit Eigensinn gegen die kalte Arroganz der Macht.

Nun steht Behrendt offensichtlich vor derselben Kritik wie die damalige Justizsenatorin Gisela von der Aue.
„Das Verhalten von Justizsenator Behrendt belegt einmal mehr, dass Parlamentarier_innen der ´Rollentausch´ von den harten Oppositionsstühlen auf die weiche Regierungsbank nicht sonderlich gut tut. Frühere Forderungen werden nicht nur inhaltlich aufgeweicht, sondern schlichtweg verworfen“, so GG/BO-Sprecher Oliver Rast.

Daher, so Rast, werde die GG/BO im Verbund mit anderen Kräften aus sozialen Bewegungen Druck aufbauen müssen, damit Suizide hinter Gittern nicht mehr still und heimlich unter den Teppich gekehrt werden können.

TP/dj

Foto: Justizsenator Dirk Behrendt (rechts) mit Bundesjustizminister Heiko Maas.

3 Antworten

  1. Das ist ja nichts Neues: kaum im Amt, werden die alten Strukturen beibehalten. Ich bin ja mal gespannt, ob die Koalitionsvereinbarung in Berlin eingehalten rsp. umgesetzt wird. Gerade die Senatsverwaltung für Justiz in Berlin ist wirklich dass allerletzte, Gesetze existieren dort nur für andere bzw. man macht sich seine eigenen, bis jetzt sind sie ja immer damit durchgekommen. Klagen von Inhaftierten gegen SenJus werden von korrupten Richtern der Strafvollstreckungskammer prinzipiell verworfen. Die Hoffnung, dass sich mit Behrendt etwas ändert, stirbt zuletzt.

  2. Das Schweigen der Lämmer! Nein von dem neuen ist nichts zu erwarten,wie ich mir schon dachte. Nun trägt die Mafia auch grün…

    Jürgen

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