Anstaltsleiter Thomas Galli und Stern-TV (gestern bei RTL).

Das war zu erwarten, dass Thomas Galli seine Auffassung für die Abschaffung der Gefängnisse in Stern-TV bei RTL nicht unwidersprochen vortragen und verbreiten darf. RTL stellte ihm so neben einem ehemaligen Häftling, der als Studiogast anwesend war, weitere – vier derzeit noch Einsitzende und deren Anstaltsleiter sowie den nordrhein-westfälischen Justizminister – gegenüber, um die liberalen Auffassungen Gallis gleich im Anschluss zu konterkarieren und ad absurdum zu führen.
Galli, der gutmütig, aufrichtig und überzeugt dafür plädiert, dass Gefängnisse im Grunde genommen abgeschafft gehören, weil sie Körper, Seele und Geist schädigen, auch keinen Rückfall verhindern, musste sich dagegen von den konserviert eingeblendeten Häftlingen und dem als Studiogast eingeladenen Ex-Knacki sagen und/oder belehren lassen, wie sinnvoll sie die Haft halten/hielten.
„Was wäre Deutschland ohne Knäste? Was wäre mit den Kriminellen? Die machen doch weiter!“, posaunt einer – offensichtlich von RTL selektiv gut ausgesucht – heraus. „Wenn ich ’ne Fußfessel hab‘, kann ich trotzdem frei rumlaufen, das juckt mich nicht“, konterkariert ein anderer Gallis Wunsch, 90 Prozent der Häftlinge die Haft zu Hause mit Fußfesseln absitzen zu lassen. Auch dieser Häftling hält die Haft für sinnvoll: „Das ist ein Irrglaube, weil die Kontrolle nicht so da wäre.“
Ein anderer: „Das einzig Harte ist für Inhaftierte dieser Freiheitsentzug. Das hilft auch manchen harten Jungs als Warnschuss“, fällt auch er Galli wegen den von ihm vertretenen liberalen Auffassungen großspurig in den Rücken.
Wenn dann noch der Jugendknastleiter davon überzeugt ist, „dass ein nicht geringer Teil unserer jungen Leute, wenn wir sie entlassen würden, weiter Straftaten begehen würde“, dann „müssen wir akzeptieren, dass es auch Menschen gibt, die bereit sind, für ihre Interessen die Regeln der Gesellschaft massiv zu brechen.“
Logo. So einfach ist das.
So wird Fernsehen (gestern bei RTL) gemacht: Erst den Protagonisten mehr oder weniger ausführlich mit seinen liberalen Auffassungen reden und ihn dann von „Grünschnäbeln“ mehr oder weniger zerstampfen lassen.
RTL hat hat offensichtlich bewusst einen Jugendknast für seine Konserven-Einblendungen von „Knastbefürwortern“ aufgesucht, die etwas – zuvörderst Vollzugslockerungen oder eine vorzeitige Entlassung – zu verlieren hätten, wenn sie etwas anderes gesagt hätten.
Von den Hardcore-Knackis hätte der Sender etwas anderes zu hören bekommen.
Das hätte Thomas Galli natürlich bei Weitem den Rücken gestärkt bei seiner strikten und konsequenten Auffassung für die Gefängnisabschaffung, dass der Knast alles andere als ein Rückfall verhindernder Warnschuss vor den Bug ist – aber so weit wollte RTL offensichtlich nicht gehen: Nichts bleibt wie es ist, alles bleibt wie es (schon immer) war. Wahr!?

Dietmar Jochum, TP Berlin

Thomas Galli bei Stern TV > https://www.youtube.com/watch?v=wPtfwWIEwic

2 Antworten

  1. Knast ist mit seinem totalen System der Unterdrückung, des besonderen Gewaltverhältnisses, seinem Amtsschimmel und all den anderen negativen Mechanismen nicht der Ort, in der sich Asoziale, Kranke oder Berufsganoven auf den „rechten Weg“ bringen lassen können. Ein Leben in Freiheit und sozialer Verantwortung in dieser Welt des kleingeistigen, engstirnigen vom Untertanengeist dominierten, geprägt vom sicherheits- und ordnungsdenkenden Obrigkeitsgehabe ausgefüllten Alltag neu prägen zu wollen, kann nur als schwachsinnig bezeichnet werden. Wenn die Menschen den puren Rachegedanken real aus ihren Herzen streichen, kann es nur eine Forderung geben: „Schafft die Knäste ab!“ Bravo Galli!! Ein Ex-Expilator……

    Dieter Wurm ist stellvertretender Sprecher der Gefangenengewerkschaft GG/BO,
    Red. TP

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