Mit einem Offenen Brief wandte sich heute die Opfervereinigung netzwerkB an den Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM).
Die TP Presseagentur dokumentiert diesen Offenen Brief:
„Sehr geehrte Mitglieder der Aufarbeitungskommission des UBSKM,
netzwerkB möchte an Sie mit diesem offenen Brief appellieren, die Aufarbeitung eines vollständig dokumentierten Falles wahrzunehmen.
Sie sind am 26. Januar 2016 zur Aufarbeitungskommission berufen worden.
Eine solche Kommission erweckt Erwartungen und vor allem Hoffnungen bei Betroffenen von sexualisierter Gewalt. Ihre Kommission könnte eine gesellschaftliche Chance sein, die begangenen Verbrechen – soweit dies noch möglich ist – aufzuarbeiten, um dann die entsprechenden strukturellen Veränderungen vorzunehmen. Denn genau das sollte das Zielsein: Den nächsten Generationen von Kindern solch ein, das Leben zerstörendes Leid so weit als möglich zu ersparen.
Doch wie wir jetzt feststellen konnten und Sie selbst beschreiben, führen Sie als Kommission, die mit der Aufgabe betraut ist, Fälle sexualisierter Gewalt aufzuarbeiten, lediglich Anhörungen durch, in denen Betroffene ihre Erlebnisse erzählen können.
Uns ist bekannt, dass viele Betroffene sexualisierter Gewalt keinen ‚Fall‘ haben, sondern nur ihre (manchmal bruchstückhaften) Erinnerungen, die aber weder juristisch noch anderweitig aufgearbeitet werden können – unabhängig von eventuellen Verjährungsfristen – da es für die Gewalttaten weder Zeugen noch Beweise gibt.
Am 18. Juli 2016 kontaktierte netzwerkB Herrn Prof. Briken, Mitglied der Kommission. Wir berichteten Ihnen schriftlich über einen uns bekannten Fall, der durchgehend dokumentiert ist, konkrete Ereignisse mit identifizierten Tätern mit Namen und Adressen aufweist und in dem noch dazu schriftliche Geständnisse beider Täter vorliegen. Darüberhinaus existiert ein dokumentierter Briefwechsel mit der Institution, die so tief in den Fall verstrickt ist, dass sie sogar ein Entschädigungsgeld gezahlt hat. Wir fragten bei Ihnen an, diesen konkreten Fall aufzunehmen und gemeinsam mit uns aufzuarbeiten.
Eine Aufarbeitung eines konkreten Falles hätte eine starke symbolische Wirkung für Betroffene.
Der dem Initialbrief vom 18. Juli folgende Austausch zwischen Frau Prof. Andresen, der Leiterin der Aufarbeitungskommission, dem Sekretariat Frau Fasholt, und dem Vorsitzenden von netzwerkB, Herrn Norbert Denef, gleicht allerdings eher einer Realsatire, als dass es den Willen der Aufarbeitungskommission, auch wirklich aufzuarbeiten, demonstriert.
Inzwischen sind Monate vergangen, in denen hin- und her gemailt wurde, von Seiten der Kommission auch mal mit Verzögerungen bis zu drei Wochen.
In dieser langen Zeit ließ man uns lediglich wissen, dass die Anhörungen von Betroffenen im September starteten.
Frau Prof. Andresen bot uns einen Termin für ein Gespräch am 8. November an.
Sie deutete an, dass die Kommission keine wirklichen Kompetenzen habe, die Täterinstitutionen in die Aufarbeitung mit einzubeziehen. Aber genau das ist doch aus unserer Sicht ein wichtiger Schritt, bei jeglicher Form der Aufarbeitung von kriminellen Taten, die in die Tiefe der Gesellschaft hineindringen.
Auf unsere Frage, ob es denn überhaupt Konzepte zur Aufarbeitung gäbe, hieß es, das dies im Gespräch am 8. November 2016 besprochen würde.
In unserem vorliegenden vollständig dokumentierten Fall sollte es doch möglich sein, vorab konkretere Arbeitsschritte zu planen, um dann bei einem ersten Treffen gleich mit der konkreten Arbeit starten zu können.
Wir nahmen letztlich den Termin an, intendierten aber, das Gespräch von netzwerkB-tv aufzeichnen zu lassen, da netzwerkB in seiner Arbeit Transparenz gegenüber seinen Mitgliedern und Unterstützern für wichtig erachtet.
Die Antwort des Sekretariats Frau Fasholt lautete: Termin: Ja, Aufzeichnung: Nein.
So, wie es sich im Moment darstellt, erscheint uns die Aufarbeitungskommission eher als eine Farce, bei der sich die Kommissionsmitglieder hinter verschlossenen Türen individuelle Erlebnisse von Betroffenen erzählen lassen.
Wir denken, dass das gesellschaftliche Schweigen um sexualisierte Gewalt nicht mit ‚Anhörungen im Verborgenen‘ aufgebrochen werden kann.
Unter solchen Voraussetzungen können wir den Termin am 8. November 2016 nicht wahrnehmen.
Wir sind verantwortlich gegenüber unseren Mitgliedern und Unterstützern, wie wir die Ressourcen unseres Vereins einsetzen. Ein Treffen, nur um ‚Geschichten zu erzählen‘ und ‚zu reden‘, rechtfertigt unsere Ausgaben dafür nicht.
Unser Appell an Sie: Lassen Sie uns gemeinsam im Vorfeld ein klares Konzept zur Aufarbeitung erstellen – über Emails und Telefonkonferenzen – so dass dann ein erstes Treffen mit Vertretern von netzwerkB und Ihrer Kommission als ein wirkliches Arbeitstreffen durchgeführt werden kann.
Die Aufarbeitungskommission ist eine historische Chance, wirklich konkret etwas dafür zu tun, dass zukünftige Generationen von Kindern vor sexualisierter Gewalt geschützt werden können.
Mit ‚Geschichten anhören‘ und ‚Empfehlungen an die Politik‘ werden Sie dieser Aufgabe nicht gerecht.
Lassen Sie uns gemeinsam die einmalige Chance nutzen, um Bewegung in diesen schwierigen Prozess zu bringen.
Freundliche Grüße
Ihr netzwerkB Team“
Foto: Podiumsdiskussion der IKvu zum Thema „Das Schweigen brechen. Sexuelle Gewalt in der Kirche“ während des 97. Deutschen Katholikentages in Osnabrück
Vorab: das Büro der Aufarbeitungskommission leitet Susanne Fasholz-Seidel https://beauftragter-missbrauch.de/presse-service/pressemitteilungen/detail/news/unabhaengige-kommission-zur-aufarbeitung-sexuellen-kindesmissbrauchs-stellt-arbeitsprogramm-2016-201/
Was Missbrauchs“fälle“ angeht: es ist ratsam, immer das Ganze in den Blick zu nehmen. Gerade, wenn es um sexuelle Ausbeutung im christlich geprägten, institutionellen Milieu geht, werden Übergriffe, denen die Betroffenen in ihren Familien ausgesetzt waren, gern ausgeblendet. Insbesondere wo Mütter die Taten begangenen haben. Die Idealisierung und Romantisierung der Mutterrolle verstellt den Blick auf die komplexen Missbrauchsrealitäten. Zu der Synergien, Symbiosen, Rückkopplungseffekte und Reste dessen, was als „Stockholm-Syndrom“ bekannt ist (= Identifikation mit dem Aggressor) gehören.
Ich möchte in dem Zusammenhang auf diese Stellungnahme aufmerksam machen http://www.missbrauchsopfer-josephinum-redemptoristen.de/was-wir-als-missbrauchsopfer-mitzuteilen-haben/
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen Erwachsenen in Deutschland, die als Kinder und/oder Jugendliche Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden
Der offene Brief von Netzwerbk B ist genau richtig und 100% konsequent. Aufarbeitung im Verborgenen, brüten von Kommissionen braucht kein Mensch.
Sexueller Missbrauch?
Die Frage ist, war es in Deutschland jemals ein Brauch, Kinder in Familien und Heimen oder Kirchliche Einrichtungen, sexuelle Handlungen als Brauch durchzuführen?
Nein!
Beispiel: Am 1. Mai einen Maibaum aufzustellen ist ein Brauch. Zu Spenden ist ein Brauch usw.
Überall wo ein Brauch vorhanden ist kann Missbrauch entstehen.
Warum gehe ich so auf dieses Wort „Missbrauch“ ein?
Es drückt nicht wirklich das aus was zutreffend ist und war. Es verschleiert und setzt die Tatsache herunter was es wirklich aussagen soll. Nämlich:
„Sexuelle Gewalt und Sexuelle Misshandlung“
Bei den Wörter „Gewalt und Misshandlung“ erreiche ich die Menschen und bekomme dadurch die Aufmerksamkeit.
Man sollte lernen die Tatsachen beim Namen zu nennen, um auf einen Vorfall aufmerksam zu machen und Tatsachen damit klar und deutlich darlegen.
Gewalt!!!!
Es geht auch nicht nur um einen auf dem man immer wieder aufmerksam gemacht wird. Er ist nicht der einzige bei dem man die Gewalt nachgewiesen hat. Es sind tausende und das ist fakt.
Wir können nur was erreichen wenn wir alle Gewaltopfer berücksichtigen und wahrnehmen und gemeinsam aufarbeiten. Es darf keine Trennung zwischen Familie und Heim geben.
Gemeinsamkeit macht stark und das wäre wünschenswert und würde eher zu einem kleinen Erfolg führen. !
Eins ist mir noch sehr wichtig und erwähnenswert.
Es waren nicht nur Männliche Täter die Sexuelle Gewalt ausgeübt haben, sondern auch Frauen. Bei mir war es nachweislich so und nachweislich auch bei anderen.
Ich stimme Frau Oetken zu, was sie als Kommentar hier geschrieben hat.
Peter Blickle ( ich verstecke mich nicht hinter anonymität)
Ps: meine Schreibfehler bitte ich zu übersehen, jedoch nicht den Inhalt um was es geht.